AK und ÖGB legen Modell zur Besteuerung von Übergewinnen vor

29. August 2022, Wien
AK/ÖGB: Übergewinne-Sondersteuer "verfassungsrechtlich gut begründbar" - Salzburg, APA/THEMENBILD

Energiekonzerne freuen sich derzeit über beträchtliche Gewinne infolge des Ukraine-Krieges, während die hohen Energiepreise für die Bevölkerung eine Belastung sind. Die Arbeiterkammer (AK) und der Gewerkschaftsbund (ÖGB) legen nun ein Modell zur Besteuerung der Übergewinne im Energiesektor vor. Insgesamt sollen dabei 1,5 bis 2,2 Mrd. Euro pro Jahr zur Finanzierung von Anti-Teuerungsmaßnahmen winken. Für Investitionen in erneuerbare Energieträger gibt es Abzugsmöglichkeiten.

AK und ÖGB fordern von der türkis-grünen Regierung die baldige Einführung einer Sondersteuer auf Übergewinne. „Mit dem Modell wird es in Österreich, wie in anderen europäischen Ländern auch, die Möglichkeit geben, die Übergewinne der Energiekonzerne abzuschöpfen, damit sie tatsächlich den Vielen zugutekommen“, so AK- Präsidentin Renate Anderl. „Es gibt keine sachliche Rechtfertigung für Übergewinne, daher braucht es diese Steuer, die Menschen in dieser besonderen ökonomischen Krise und der Rekordinflation langfristig unterstützt“, sagte ÖGB-Chef Wolfgang Katzian.

Kritisch sieht den AK/ÖGB-Vorschlag der Verbund-Aufsichtsratschef Martin Ohneberg. „Der (Kapital-)Markt braucht Planbarkeit und vernünftige Lösungen, keine geschäftsschädigenden Zurufe“, so Ohneberg in einer Stellungnahme am Sonntagnachmittag. Der Vorschlag schädige „den Börsenwert und die Aktionärsinteressen der betroffenen Unternehmen“.

Auf Basis der Bilanzen der wichtigsten Energieunternehmen – darunter Verbund und OMV – sind der AK und dem ÖGB zufolge mit 4 bis 5 Mrd. Euro pro Jahr an Übergewinnen zu rechnen. Für Investitionen in erneuerbare Energien können davon 1 bis 1,5 Mrd. Euro abgezogen werden. Dadurch sollen Anreize, in erneuerbare Energien zu investieren, erhalten bleiben. Übergewinnsteuern standen jüngst in der Kritik, weil sie auch Erneuerbare-Anbieter treffen würden und damit die Abkehr von fossilen Energieformen verzögern und die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas verlängern könnten.

Besteuert werden sollen Energieunternehmen in Österreich, Ausnahmen sind dabei für Kleinstunternehmen bis zu einem Umsatz von 1 Mio. Euro vorgesehen. Insgesamt sieht das Modell eine Abschöpfung von 60 bis 90 Prozent der Übergewinne vor. Übergewinne werden dabei als Gewinne definiert, die über den durchschnittlichen Referenzgewinn der Jahre 2019 bis 2021 hinausgehen. Als Basis dient der Unternehmensgewinn vor Abschreibungen, Finanzergebnis und Steuern (EBITDA). Damit sollen Verzerrungen durch die Neubewertung von Beteiligungen oder Ähnliches reduziert werden. Investitionen in erneuerbare Energieträger im Inland können sofort und vollständig vom Übergewinn abgezogen werden.

Die Sondersteuer greift dem AK/ÖGB-Modell nach erst, wenn der Gewinn für die betroffenen Jahre bei mehr als 110 Prozent des Referenzgewinnes liegt. Diese Übergewinne sollen mit 60 Prozent besteuert werden, Gewinne, die über 130 Prozent des Referenzgewinnes liegen, mit einem Steuersatz von 90 Prozent. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden ist die Übergewinnsteuer von der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer absetzbar. Wie die „Bankenabgabe“ soll diese als eigenständige Sonderabgabe konzipiert sein. Die Erhebung der Steuer soll dabei auf Basis von Erklärungen der Unternehmen erfolgen, mit Erstellung des Jahresabschlusses etwa. Das Modell wäe für die Jahre 2022 bis 2024 befristet angelegt.

Der Großteil der aktuellen Rekordinflation ist auf den Energiebereich zurückzuführen. Dabei würden Energieunternehmen nicht nur importierte Preissteigerungen weitergeben, sondern auch durch Steigerung der eigenen Gewinnmargen – insbesondere bei Strom und Treibstoffen – die Preise in die Höhe treiben, argumentieren AK und ÖGB. Ein befristeter steuerlicher Beitrag des Energiesektors zur Finanzierung der staatlichen Hilfsprogramme sei daher auch verfassungsrechtlich ausreichend begründbar und ähnle damit etwa der Bankenabgabe im Anschluss an die Finanzkrise. Insbesondere im Hinblick auf diese „besondere ökonomische Krise“ sei die Maßnahme den Arbeitnehmervertretungen zufolge „sachlich gerechtfertigt“ und keineswegs „willkürlich“.

Sonderdividenden sind für AK und ÖGB keine Alternative zur Übergewinnsteuer, weil diese nur bei Verbund und Tiwag greifen und damit zu deutlich geringeren Einnahmen führen. Bei der OMV sei der Staat ein Minderheitseigentümer und könne keine Sonderdividende veranlassen.

APA

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