Die Beratungen um mögliche Unterstützungsleistungen für den in finanzielle Turbulenzen geratenen Energieversorger Wien Energie sind am Dienstag vorerst ohne Resultat verlaufen. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) betonte zwar weiter die Bereitschaft, Hilfen für das Unternehmen zu leisten. Ohne Zusicherungen der Stadt werde dies aber nicht so einfach sein, betonte Brunner heute im „Ö1-Morgenjournal“. Unterdessen rufen die Geschehnisse auch den Rechnungshof auf den Plan.
Nach Verhandlungen in der Nacht auf Dienstag bzw. am Vormittag gab es bis dato noch keine Einigung zu verkünden. „Wir befinden uns auf einem guten Weg“, so der Finanzminister bei einem Pressestatement. Seitens der Stadt Wien war eine Geldspritze von 2 Mrd. Euro noch bis Mittag gefordert worden. Diese sei nun aber doch nicht akut fällig, berichtete Brunner. Den gesamten Finanzierungsbedarf hatte das Ministerium via Forderungen der Stadt Wien gestern mit bis zu 6 Mrd. Euro beziffert.
Dringenden Klärungsbedarf sieht der Minister mit Blick auf „mutmaßlich spekulative“ Geschäfte der Wien Energie. Der Energieversorger sei „riesige Verpflichtungen“ eingegangen, die er jetzt nicht erfüllen könne. Mögliche Hilfen wolle man daher nicht ohne Sicherheiten überweisen, es gehe um enorme Summen. „Die Dimension ist schon gewaltig“, sagte der Finanzminister in der Früh zum ORF.
Zurückhaltend gibt sich Brunner mit Blick auf einen möglichen Rettungsschirm für die Strombranche, wie es ihn in ähnlicher Form in Deutschland gibt. „Wir werden uns das mit den Branchen anschauen.“ Die bei der Wien Energie vermuteten spekulativen Geschäfte würden davon aber nicht erfasst, erklärte der Minister.
Bei anderen österreichischen Energieversorgern dürfte es keine mit der Situation der Wien Energie vergleichbaren Probleme geben. Dafür gibt es laut Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) keine Hinweise. Auch IHS-Direktor Klaus Neusser sieht dafür derzeit keine Anzeichen. Beim Verbund oder Tiwag etwa sei die finanzielle Lage gut, so Neusser im „ORFIII Sommer(nach)Gespräch“.
Als Gründe für die finanzielle Notlage wurden seitens der Wien Energie zuletzt die exorbitanten Großhandelspreise für Strom und Gas genannt. Um die Versorgung der Kunden sicherzustellen, führe man Handelsgeschäfte an Energiebörsen durch und müsse dabei – wie alle Börsenteilnehmer – Sicherheitsleistungen hinterlegen, die man derzeit aber nicht leisten könne. In einer neuerlichen Stellungnahme vom Dienstag betonte Wien Energie, dass im Unternehmen ein Spekulationsverbot gelte und man selbstverständlich keine Leerverkäufe tätige.
Der Rechnungshof will indes den Ursachen der Entwicklung und vor allem für den akuten Finanzbedarf auf den Grund gehen. Es sollen „insbesondere die Geschäftstätigkeit im Energiehandel und die Rolle des Eigentümers durchleuchtet werden“, hieß es auf Twitter. „Die finanzielle Lage, der Finanzbedarf und die Transparenz im Lichte der Versorgungssicherheit werden zentrale Fragen sein.“
Mit harscher Kritik an den Vorgängen und dem Ruf nach Aufklärung reagierten NEOS und die FPÖ. „Das aktuelle Krisenmanagement der Wien Energie ist unzureichend und ihrer Kommunikation fehlt jeglicher Willen zur Transparenz. Da werden mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet“, kritisierte der Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS). Die FPÖ prüft auch eine Anzeige gegen Bürgermeister Michael Ludwig und Finanzstadtrat Peter Hanke (beide SPÖ) wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs, wie Parteichef Dominik Nepp und Klubobmann Maximilian Krauss erläuterten.
APA