Russland fackelt große Mengen an Gas ab

31. August 2022

Moskau. Russland fackelt Experten zufolge angesichts voller Lager und stark verringerter Lieferungen in die EU große Mengen an Erdgas ab. Nahe der finnischen Grenze ist laut BBC eine riesige orangefarbene Flamme zu sehen, die spektakuläre Fackel ist auch auf Satellitenbildern zu erkennen. Das norwegische Energieberatungsunternehmen Rystad schätzt die in der Atmosphäre abgefackelte Gasmenge auf 0,5 Prozent des Tagesbedarfs der EU. Dort ist der Verbrauch im Zuge der gekürzten Lieferungen zuletzt deutlich gesunken. Experten zufolge sind die russischen Lager voll, weshalb überschüssige Mengen einfach vernichtet werden.

Unterdessen bleibt die Lage rund um das ukrainische AKW Saporischschja unsicher. Zuletzt musste das Kraftwerk vom Stromnetz getrennt werden, die Atomenergiebehörde IAEA verlangt sofortigen Zutritt.

Russland fackelt große Mengen Gas ab

Laut dem Branchendienst RystadEnergy werden bei Portowaja täglich 4,34 Millionen Kubikmeter verbrannt.
Russland hat seine Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 deutlich verringert und verbrennt offenbar größere Mengen an Gas, das nicht mehr nach Europa geliefert wird. Bereits Mitte Juni zeigte die finnische öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Yle in einem Bericht eine riesige Flamme bei der Verdichterstation Portowaja nordwestlich von St. Petersburg. Darüber berichtete nun auch der britsche TV-Sender BBC.

Flamme auf Satellitenfotos zu sehen

Die Flamme sei bis in das benachbarte Finnland und deutlich auf Satellitenbildern zu sehen, so die BBC. Es soll sich um Gas handeln, das für den Export nach Deutschland bestimmt war, aber wegen der geringeren Auslastung der Leitung im Moment nicht anderweitig abgeführt werden kann.

Das Abfackeln von Gas im Verarbeitungsprozess ist nichts Ungewöhnliches. Erstaunt zeigten sich der BBC zufolge Experten jedoch über die Menge. Der Branchendienst RystadEnergy geht dem Bericht zufolge davon aus, dass dort täglich 4,34 Millionen Kubikmeter Gas in Rauch aufgehen. Das entspreche einem Wert von umgerechnet rund zehn Millionen Euro am Tag. Gazprom wollte nicht bestätigen, dass nicht verkauftes Gas abgefackelt wird.
Deutschlands Botschafter in London, Miguel Berger, sagte der BBC, man beobachte das Abfackeln bereits seit einiger Zeit. Das zeige, dass die Verringerung des Anteils von russischem Gas am deutschen Verbrauch von über 50 auf nun etwa 10 Prozent Wirkung zeige und einen starken Effekt auf die russische Wirtschaft habe. Er fügte hinzu: „Weil sie ihr Gas nirgendwo anders verkaufen können, müssen sie es verbrennen.“

Weitere Unterbrechung der Lieferung ab 31. August

Aktuell ist Nord Stream 1 nach russischen Angaben wegen fehlender Turbinen nur zu 20 Prozent ausgelastet. Damit werden täglich etwa 33 Millionen Kubikmeter Gas durch die Ostsee nach Deutschland gepumpt. Die mit technischen Notwendigkeiten begründeten Drosselungen haben zu einem weiteren massiven Anstieg der Gaspreise geführt. Zudem kündigte Russland an, die Gaslieferungen durch Nord Stream 1 ab dem 31. August für drei Tage zu unterbrechen. Die letzte an der Kompressorstation Portowaja verbliebene Turbine soll dann vor Ort von Siemens-Experten gewartet werden.

Die Pipeline Nord Stream 1, deren Stahlrohre einen Durchmesser von 1,15 Metern haben, ist laut russischen Angaben derzeit nur zu 20 Prozent ausgelastet. Foto: afp / John McDougall

Wiener Zeitung

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