Wie die Strompreisbremse funktionieren könnte

31. August 2022

Energie. Nächste Woche will die Regierung erklären, wie sie die steigenden Strompreise in den Griff bekommen will. Ein Überblick über die diversen Modelle

Sie wird immer lauter: Die Warnung vor Armutsgefährdung und Wohlstandsverlusten durch die Teuerung. Im Juli lag die Inflation laut Statistik Austria bei 9,3 Prozent. Vor allem Strom- und Gasrechnungen werden weiter nach oben schnellen. Kommende Woche will die Regierung deshalb eine Strompreisbremse präsentieren, die sie mit dem WIFO erarbeitet hat. Der Plan: Ein Grundbedarf soll nach den Vorjahrespreisen berechnet werden und mit Österreichs Haushalten gegenverrechnet werden.

WIFO-Modell Wichtige Eckpunkte der Strompreisbremse sind noch unklar. Der grundsätzliche Plan: Jedem Hauptwohnsitz sollen 80 Prozent seiner Stromkosten nach dem Vorjahrespreis verrechnet werden. Die restlichen 20 Prozent und alles darüber hinaus muss er nach den hohen Marktpreisen bezahlen. Die Summe wird direkt von der Stromrechnung abgezogen. Die Energieversorger erhalten eine Kompensation für die entgangenen Einnahmen.
Eine (fiktive) Rechnung: Was bringt das zum Beispiel einer Familie mit zwei Kindern? Nimmt man einen Marktpreis von 50 Cent pro Kilowattstunde (kWh) an, würde das einen Haushalt mit durchschnittlichem Jahresverbrauch von 4.860 kWh im Jahr 2.430 Euro kosten. Hat der Kunde im Vorjahr 20 Cent bezahlt und die Regierung zieht eine Preisbremse für 80 Prozent des Verbrauchs ein, zahlt der Haushalt bei gleichbleibendem Jahresverbrauch rund 1.264 Euro – und spart so 50 Prozent im Vergleich zu den aktuell gestiegenen Preisen.

ÖGB-Modell Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) hat im Gegensatz zur Regierung bereits ein konkretes Modell vorgeschlagen. Er empfiehlt einen Strompreisdeckel für 3.000 kWh Grundverbrauch – und zwar zu 20 Cent pro kWh. Verbraucht die Familie aus dem fiktiven Beispiel nun 4.860 kWh im Jahr, zahlt sie beim ÖGB-Deckel 1.530 Euro. Und zwar dann, wenn der höhere Verbrauch auch zu 50 Cent pro KWh verrechnet wird. In dieser Rechnung erhält die Familie weniger als beim WIFO-Modell, dafür kompensiert das ÖGB-Modell Haushalte mit niedrigerem Verbrauch stärker.

Tiroler Modell Auch der Tiroler ÖVP-Obmann Anton Mattle hat zuletzt ein Modell präsentiert. Er schlägt – wie das WIFO – eine Deckelung von 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs vor. Allerdings zum niedrigen Arbeitspreis des Tiroler Energieversorgers Tiwag, der bei 10 Cent pro kWh liegt. Würde man dieses Modell bundesweit auf alle Versorger umwälzen, wär die Ersparnis für den Durchschnittshaushalt natürlich noch höher. Beim fiktiven Beispiel würden die gebremsten Jahreskosten „nur“ rund 875 Euro betragen.

Soziale Staffelung

Was es im Modell der Regierung nicht geben soll: eine soziale Staffelung nach Einkommen. Dafür müsste man die Einkommensteuerstatistik mit dem Stromverbrauch und der Zählernummer abgleichen. Das ist rechtlich laut den Verhandlern derzeit nicht möglich. Eine Kompensation von GIS-befreiten Haushalten sei möglich, da deren Daten den Netzbetreibern vorliegen.

Ökonom Peter Brandner von der Weis[s]en Wirtschaft hält eine Staffelung nach Einkommen für machbar. „Statt die Strompreisrechnung zu senken, könnte man eine Einmalzahlung überweisen, die je nach Einkommen und unter Berücksichtigung der Haushaltsgröße versteuert werden muss“, sagt Brandner zum KURIER.

Kurier

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