Photovoltaik boomt. Für Überschussstrom gibt es jetzt deutlich höhere Tarife – aber längst nicht bei allen Anbietern.
Auf immer mehr Dächern schimmert es blau: Angetrieben durch steigende Energiepreise, Klimakrise und entsprechende Förderungen entstehen immer mehr Photovoltaikanlagen auf Hausdächern. Scheint die Sonne, wird dabei oft mehr Strom produziert, als zu Hause gerade verbraucht wird. Der geht zurück ins Netz – und spült je nach Vertrag sehr unterschiedliche Summen in die Haushaltskasse. Die Einspeisetarife variieren stark, selbst innerhalb eines Energieversorgers: 30,5 Cent zahlt etwa die Salzburg AG Altkunden pro eingespeister Kilowattstunde. Wer allerdings einen neuen Vertrag ab Februar abgeschlossen hat, muss sich mit 12,3 Cent zufriedengeben.
Woher der Unterschied kommt? Früher koppelte die Salzburg AG ihren Tarif an den von der Regulierungsbehörde E-Control errechneten Marktpreis laut Ökostromgesetz. Und der war in der Vergangenheit nicht hoch: 2019 und 2020 lag er zwischen 3 und 5 Cent. Mit den steigenden Strompreisen ist er nun auf mehr als 30 Cent geklettert. Die Salzburg AG reagierte – und setzt die Tarife nun selbst fest. Der Energieversorger zahle auch für neue private Stromlieferanten marktgerechte Einspeisetarife, rechtfertigt sich eine Sprecherin der Salzburg AG. „Zur Abnahme von Ökostrom ist allerdings ausschließlich die OeMAG verpflichtet. Über Förderungen kann die OeMAG marktunübliche Preise bezahlen.“
Die OeMAG, die Abwicklungsstelle für Ökostrom, kann sich derzeit deshalb vor Anfragen kaum retten. Bezahlt wird der Marktpreis, und den hat die Regulierungsbehörde E-Control für das 3. Quartal 2022 mit 30,73 Cent ermittelt. Insgesamt seien bereits an die 60.000 Anträge eingegangen, berichtet Vorstand Gerhard Röthlin. Ende 2021 haben 800 PV-Anlagen über die Abwicklungsstelle eingespeist, aktuell seien es bereits rund 35.000. „Seitens der OeMAG wurden bisher 50.000 Verträge ausgestellt“, so Röthlin. Die Wartezeit auf einen Vertrag liege aktuell bei rund sechs Wochen. Wenn die Photovoltaikanlage bereits errichtet sei, könne der Antrag beschleunigt bearbeitet werden.
„Der OeMAG-Tarif war in der Vergangenheit nie interessant, weil der Marktpreis niedrig war und die Energieversorger mehr bezahlt haben. Jetzt ist es genau umgekehrt“, sagt Vera Immitzer, Geschäftsführerin des österreichischen Photovoltaikverbandes. Die Energieversorger müssten, anders als die OeMAG, den Strom nicht zu einem höheren Tarif abkaufen. „Das steht ihnen frei.“ Viele Unternehmen hätten in den vergangenen Monaten aber durchaus nachgezogen – teils kräftig, teils „nur in Nuancen“.
Die niederösterreichische EVN rechnet mit ihren eigenen Stromkunden mit PV-Anlage monatlich Verbrauch und Einspeisung zum jeweiligen Optima-Tarif gegen – für den Überschuss aus Sonnenstrom gibt es den Marktpreis. Bei typischen Hausanlagen mit vier bis sechs Kilowattpeak und hohem Eigenverbrauch sei die Summe gestiegen, aber nicht riesig, sagt EVN-Sprecher Stefan Zach. In Niederösterreich sind 56.000 PV-Anlagen in Betrieb, rund ein Viertel des Bestandes in Österreich.
Im Burgenland gibt es rund 12.000 Photovoltaikanlagen, nicht alle arbeiten mit dem Landesversorger Burgenland Energie, der nach wie vor nur 11,64 Cent pro Kilowattstunde Überschussstrom zahlt. Dieser Tarif gelte noch bis Jahresende, sagt Sprecher Jürgen Schwarz. Ab 1. Jänner werde er auf den aktuellen Marktpreis angehoben, der dann bis 31. Dezember gelte. Offen sei, wie die geplante Strompreisbremse (bis zu 2900 kWh pro Haushalt werden mit zehn Cent pro kWh gedeckelt) mit den Einspeisetarifen von 30 Cent zusammenwirkt.
Der Boom bei PV-Anlagen ist nicht zuletzt wegen der Aufstockung der staatlichen Investitionsförderungen ungebrochen. 2022 hat das Klimaministerium allein für PV-Anlagen und Stromspeicher 300 Mill. Euro bereitgestellt. Bei der OeMAG, die auch die Förderungen abwickelt, sind laut Röthlin bisher 115.000 Förderanträge für PV-Anlagen sowie 45.000 für Stromspeicher eingegangen und wurden rund 55.000 genehmigt.
Ein eigener Speicher rentiere sich für Privathaushalte aus ökonomischen Gründen jedoch nach wie vor kaum, erklärt PV-Austria-Geschäftsführerin Immitzer. Trotzdem sei die Nachfrage aufgrund der Energiekrise und der Unsicherheiten bei vielen Menschen stark gestiegen. „Es gibt Lieferengpässe und man wartet bis zu ein Jahr lang.“
Die hohen Energiepreise machten im Sommer auch eine Gesetzesänderung nötig. Durch die gestiegenen Einspeisetarife wären viele plötzlich über den gesetzlichen Freibetrag von 730 Euro gekommen und damit einkommensteuerpflichtig. Nun ist die Einspeisung von bis zu 12.500 kWh PV-Strom bzw. sind Anlagen bis 25 kWp steuerbefreit. „Durch die höheren Grenzen sind Private also weiterhin von der Besteuerung ausgenommen“, sagt Immitzer.
von Monika Graf und Iris Burtscher
Salzburger Nachrichten