Deutschland entscheidet spätestens im November zu AKWs

30. September 2022, München/Kiew (Kyjiw)/Moskau
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Die deutsche Regierung will schon in wenigen Wochen die Entscheidung über eine längere Laufzeit der beiden süddeutschen Atomkraftwerke treffen. Eine Regierungsverordnung zum Einsatz des AKW Isar 2 im Jahr 2023 müsse spätestens am 18. November dem Bundestag vorgelegt werden, heißt es im Gesetzentwurf zur Einsatzreserve, der der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag vorlag. Für das zweite AKW Neckarwestheim müsse dies bis zum 2. Dezember feststehen.

Es gilt aber als sicher, dass die Entscheidung dann für beide AKW gleichzeitig getroffen wird. Der Deutsche Bundestag könnte dem Einsatz noch widersprechen. Umstritten ist die Reserve allerdings nicht, nur die Dauer des Betriebs wird in der Ampel-Koalition noch diskutiert.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte zuletzt gesagt, nach derzeitigem Stand müssten die AKW über den Winter ans Netz gehen. Grund sei vor allem, dass viele Reaktoren in Frankreich nicht liefen und so besonders in Süddeutschland eine Gefahr für die Netzstabilität bestehe. Längstens sollen dem Gesetzentwurf zufolge die Reaktoren bis 15. April 2023 laufen dürfen. Der ebenfalls mitregierenden FDP ist dies zu wenig. Sie fordert deutlich längere Laufzeiten in der Energiekrise. Nach derzeitiger Gesetzeslage müssen alle drei verbliebenen deutschen Reaktoren bis Ende des Jahres abgeschaltet werden.

Das Wirtschaftsministerium hatte einen sogenannten Stresstest in Auftrag gegeben, um die Versorgungssicherheit gerade in Süddeutschland auch in extremen Szenarien für den Winter zu untersuchen. Dieser hatte ergeben, dass ein Einsatz der Atomkraftwerke hilfreich sein könnte. Da die Grünen die Atomkraft als Hochrisiko-Technologie einstufen, soll der Einsatz begrenzt sein. Das dritte deutsche AKW Lingen im Emsland (Niedersachsen) wird den Plänen Habecks zufolge wie vorgesehen Ende des Jahres abgeschaltet. Damit Isar 2 auch 2023 laufen kann, wird der Reaktor im Oktober wegen einer Ventil-Reparatur für eine Woche heruntergefahren.

Die Regierung aus Sozialdemokraten (SPD), Grünen und liberaler FDP hatte zuvor schon entschieden, dass eingemottete Steinkohlemeiler wieder in Betrieb gehen können und solche, die zur Abschaltung vorgesehen waren, weiterlaufen können. In dieser Woche war der Weg für den Einsatz auch von Braunkohlekraftwerken aus der Reserve freigemacht worden. Insgesamt könnten so knapp zwei Gigawattleistung dazukommen, die Leistung von etwa zwei AKW-Blöcken. Diese Kohlekraftwerke sollen bis März 2024 laufen dürfen, wie der Bundestag am Freitag beschloss.

Für eine Laufzeitverlängerung der Reaktoren müssen allerdings Gesetze geändert werden, darunter das Atomgesetz. Dies will die Regierung mit dem jetzigen Entwurf vorantreiben. Bis Ende Oktober soll er die parlamentarischen Hürden passieren. Dies setzt allerdings eine Zustimmung der FDP voraus, die alle drei verbliebenen Reaktoren bis 2024 laufen lassen will und auch eine Reaktivierung älterer Meiler ins Auge fasst. Die AKW-Frage steht auch im Mittelpunkt des Wahlkampfes in Niedersachsen, wo am 9. Oktober abgestimmt wird.

APA/ag

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