Laut E-Control erzeugten 2021 mehr Anlagen wegen Wind- und Wassermangel weniger Energie, erwirtschafteten aber damit wegen hoher Marktpreise dennoch mehr Gewinne.
Es gehe nicht mehr „nur“ um Klimaziele, sondern auch darum, sich von der Abhängigkeit von russischem Gas zu lösen, schickt der österreichische Stromregulator E-Control seinem heuer erstmalig veröffentlichten „EAG Monitoringbericht“ voraus, der am Montag vor Journalisten präsentiert wurde.
Der wesentliche Unterschied zum bisher veröffentlichten Ökostrombericht ist, dass das Hauptaugenmerk des Regulators nun nicht mehr ausschließlich auf dem geförderten Strom liegt, sondern der gesamte Strom aus erneuerbaren Quellen betrachtet wird, der ins öffentliche Netz eingespeist wird. Im Jahr 2021 machte demnach der Anteil von Strom aus Erneuerbaren 71 Prozent aus.
Der Stromregulator kommt zudem zu interessanten Erkenntnissen, die auf den ersten Blick verwirren. So ist einerseits zwar die Leistung der Erneuerbaren gestiegen, andererseits der Anteil des geförderten Ökostroms gesunken.
Der Grund dafür ist einfach: Aufgrund der aktuell hohen Strompreise erhalten die Erzeuger bessere Preise am Markt, als sie durch die staatlich garantierten Einspeisetarife bekommen würden. Sie sind temporär aus dem Fördersystem ausgetreten. „Viele Anlagen profitieren also vom gestiegenen Marktpreis“, erklärt E-Control-Vorstand Alfons Haber.
Förderkosten gleich null
Die Abwicklungsstelle für Ökostrom OeMAG hat aufgrund des hohen Marktpreises und weil um 73 Millionen Euro weniger Förderungen ausbezahlt wurden, hohe Mehreinnahmen generiert. Bereits 2021 waren so die etwaigen Förderkosten für das Gesamtjahr 2022 abgedeckt. Diese Mehreinnahmen waren sogar so hoch, dass der Gesetzgeber nachträglich mit einer Gesetzesnovelle die Erneuerbaren-Förderpauschale für 2022 auf null gesetzt hat.
Andererseits spielt gerade bei erneuerbaren Energien das Klima eine erhebliche Rolle und sorgt ebenfalls für scheinbar widersprüchliche Ergebnisse.
So lag, wie bereits erwähnt, der Ökostromanteil 2021 bei 71 Prozent, 2020 hingegen noch bei 77 Prozent. Es wurde also vergangenes Jahr um 2.433 Gigawattstunden weniger Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt. Dennoch wurde die Leistung der Anlagen sogar ausgebaut, und zwar im Umfang von 1.003 Megawatt.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch bei den von der OeMAG abgenommenen Mengen wider: Von 2020 auf 2021 sanken diese bei Windkraft um zwölf Prozent, bei Kleinwasserkraft um 25 Prozent, während sich die Photovoltaik mit plus 13 Prozent steigerte.
Auch das Jahr 2022 dürfte hier ähnlich abschneiden, wie E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch erklärt: „2022 war ein wasser- und windarmes Jahr, allerdings sind die Marktpreise stark gestiegen.“
Solar am Dach zahlt sich aus
Investitionen in Erneuerbare haben sich also ausgezahlt, wobei es etwa für gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen eine interessante Entwicklung gibt. Die Anzahl dieser Anlagen, die etwa als Photovoltaik-Anlage am Dach einer Wohnhausanlage Energie erzeugen, die dann geteilt werden kann, ist von 404 auf 698 gestiegen. Das sind allerdings nur solche, die bereits in Betrieb sind. Weitere 1.040 Anlagen waren Anfang 2022 noch in Planung.
Viele dieser quasi privaten Energieerzeuger haben laut E-Control aber umgesattelt, von Energie für den Eigenverbrauch auf den Energieverkauf ins Netz, weil damit mehr Geld zu erwirtschaften war. So war es möglich schneller einen Teil des Investments wieder zurückzuverdienen.
Dass so viele Anlagen noch nicht in Betrieb gehen konnten, erklärt Alfons Haber im Gespräch mit der „Wiener Zeitung“ unter anderem mit fehlenden Komponenten. Er schätzt die Verzögerungen, die sich aufgrund der Lieferketten-Probleme ergeben, auf bis zu ein halbes Jahr, was insbesondere die kleineren Erzeuger ausbremst.
Auch Blackouts waren ein Thema bei der Präsentation des E-Control-Berichtes. Der Stromregulator beruhigte: Österreich sei diesbezüglich eines der sichersten Länder Europas. Die Ausfallszeiten pro Haushalt betragen im Schnitt 23 Minuten pro Jahr. Das Land könne sich bei einem Vorfall auf europäischer Ebene notfalls schnell aus dem gesamteuropäischen Stromnetz aushängen und regional, etwa mit Wasserkraft, gegensteuern. Trotz der niederschlagsarmen Jahre 2021 und 2022 stünden hierfür immer noch zwei Drittel der Wasserkraft zur Verfügung, betont Alfons Haber.
Zwar erwartet man sich bei der E-Control mittelfristig sinkende Energiepreise, vor-pandemische Preise seien aber dennoch längerfristig nicht realistisch, erklärt Wolfgang Urbantschitsch.
Auf europäischer Ebene müsse hier jedenfalls eine Lösung gefunden werden, ohne aber Anreize für höheren Gasverbrauch zu erzeugen. „Wichtig ist, wir müssen weg von der Gas-Abhängigkeit und auf erneuerbare Energien setzen“, mahnt er.
Wiener Zeitung