Ein Schiff wird kommen

2. November 2022

Abu-Dhabi-Gespräche. Dass von der Regierungsspitze nur eine Schiffsladung Flüssiggas ausgehandelt worden ist, wird teilweise schwer kritisiert. Dabei ging es bei den Treffen mehr um Stimmung und um die OMV

Rechtzeitig für den Winter 2023/24 wird ein Schiff aus Abu Dhabi mit Flüssiggas für Österreich in einem europäischen Hafen einlaufen – höchstwahrscheinlich in Rotterdam. Dann werden die rund 137 Kubikmeter LNG (Liquefied Natural Gas) umgewandelt und in das Gasnetz eingespeist – als Beitrag für eine gesicherte Heizsaison.

Seit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) dieses Geschäft mit den Scheichs der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) am Donnerstag verkündet hat, gehen rund um dieses Schiff die politischen Wogen hoch. Die Energiemenge von einer Terawattstunde (TWh), die damit abgedeckt werden kann, entspricht ungefähr einem Prozent des österreichischen Jahresbedarfs. Für Kanzler Nehammer „eine gute Menge, mit der wir jetzt beginnen können, die Versorgungssicherheit für nächstes Jahr vorzubereiten“. Das bedeute immerhin die Versorgung von rund 65.000 Haushalten für ein ganzes Jahr. Außerdem könnten weitere Schiffe folgen, wie seitens der OMV erklärt wurde.

Für Nehammers Kritiker ist dieses eine Schiff jedenfalls zu wenig, um einen Sonderflug eines Regierungsteams – neben dem Kanzler waren noch Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) mitgekommen – rechtfertigen zu können. SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll stellte sogar eine eigene Rechnung auf und kam auf das Ergebnis, dass das Schiff gar nur zwei Promille der Jahresmenge bedeuten würde. Was bei den Verhandlern großes Kopfschütteln auslöste.

Gemeinsame Erklärung

Dass Deutschlands Regierungschef Olaf Scholz (SPD) auch nur eine Schiffsladung von der Abu-Dhabi-Ölgesellschaft ADNOC zugesprochen erhalten hatte, konnte wenig zur Beruhigung beitragen.

Allerdings war der Gaseinkauf nur ein kleiner Teil der Gespräche gewesen, die an diesem Donnerstag in der Hauptstadt der VAE geführt worden waren. Viel wichtiger war die Stimmung zwischen den Österreichern und den Scheichs, viel wichtiger war ein gemeinsames Papier, in dem die weitere strategische Zusammenarbeit zwischen Österreich und den Emiraten festgehalten ist.

Da geht es um künftige Industriekooperationen, eine weitere Zusammenarbeit in Fragen der Energieversorgungssicherheit und auch um den Klimaschutz. So ist unter anderem ein gemeinsames Vorgehen bei der Klimakonferenz vereinbart. Zusammengefasst ist das unter dem Begriff SESIC (Strategic Energy Security and Industrial Cooperation). Dazu zählt auch noch die verstärkte Vernetzung von Unternehmen aus den VAE und Österreich. An dem Papier soll bis wenige Stunden vor dem Treffen gearbeitet worden sein. Damit das strenge Abu-Dhabi-Protokoll eingehalten werden konnte.

Nicht erwähnt ist in dem Papier die OMV. Dennoch spielte sie bei den Treffen eine zentrale Rolle. Am selben Tag war auch die Aufsichtsratssitzung der OMV angesetzt. Die VAE-Gesellschaft Mubadala hält dort 24,9 Prozent, die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) 31,5 Prozent. Man braucht einander, wenn es um die Unternehmensstrategie geht. Deswegen waren von der ÖBAG Aufsichtsratschef Günther Ofner und Vorstandsvorsitzende Edith Hlawati sowie OMV-Chef Alfred Stern in Abu Dhabi.

Die Regierungsgespräche führten dazu, dass man auch im unternehmerischen Bereich eine gemeinsame Linie gefunden hat. Abu Dhabi steht nun offiziell zur Strategie, dass sich die OMV gezielt um andere, neue Lieferanten umschaut, auch in Norwegen, damit die Abhängigkeit von russischem Gas beendet wird. Ungereimtheiten unter den Eigentümern, die kolportiert worden waren, sollen damit ausgeräumt sein.

„Keine Demokratie“

Die Gespräche seien so gut gelaufen, weil es eine langjährige Partnerschaft gebe, war zu hören. Auch Leonore Gewessler betonte die Wichtigkeit der Treffen. Wobei sie gegenüber der Presse aber gezielt die absolutistische Regierungsform der Scheichs ins Spiel brachte: „Wir führen die Gespräche in vollem Bewusstsein, dass wir hier nicht in einer Demokratie sind.“

Kurier