AK will weiteren Stromkostenanstieg noch verhindert wissen

4. November 2022, Wien
Reparaturarbeiten am Hochspannungsnetz, die APG wartet es - Zeltweg, APA/OTS/APG

Die Arbeiterkammer (AK) warnt vor einem weiteren Kostenanstieg beim Strom, der verhinderbar wäre. Derzeit wird gerade – wie jedes Jahr – jene Verordnung novelliert, die die Kosten fürs Stromnetz festlegt. Dabei droht ein Anstieg der Netzkosten von rund 36 Prozent oder gut 100 Euro im Jahr bei einem Stromverbrauch von 3.500 kWh. Mit einem Gesetz statt der Verordnungsnovelle ließe sich das verhindern, ohne dass den Netzbetreibern ein Schaden entstünde, so die AK.

Die sogenannte Systemnutzungsentgelteverordnung wird jährlich novelliert. Die Begutachtung läuft noch bis kommenden Dienstag. Doch jetzt sei ein Gesetz gefragt, um den drohenden weiteren Kostenanstieg für Strom zu verhindern, so AK-Energieexperte Josef Thoman. Geholfen werde damit Privaten und Unternehmen.

„Es müsste nicht sein, dass dieser Anstieg kommt, wenn die Politik noch rechtzeitig handelt“, sagte Thoman im Gespräch mit der APA. Insgesamt drohten allen Verbrauchern zusammen – vom Haushalt bis zu Industriekunden – Mehrkosten von rund einer Milliarde Euro, wenn man nicht entgegensteuere.

Die Netzkosten bestehen aus verschiedenen Entgelten, etwa für die Nutzung selbst. Beim sogenannten Netzverlustentgelt, das auch zu den Netzgebühren gehört, drohen die Mehrkosten, weil die Erzeuger hierzu Strom am Markt besorgen, der sich stark verteuert hat. Die Kosten tragen die Netznutzerinnen und Netznutzer. Neben den Netzkosten finden sich auf der Stromrechnung auch die Energiekosten selbst sowie Steuern und Abgaben.

Die Netzverluste entstehen physikalisch bedingt im Stromnetz. Jährlich werden rund 3,1 Terawattstunden (TWh) Strom gebraucht, um die Verluste zu kompensieren, sagte Thoman. Die Verluste werden von den Erzeugern durch die sogenannte gemeinsame Beschaffung durch die Austrian Power Grid AG (APG) gedeckt. Diese kauft zu einem massiv gestiegenen Marktpreis.

Der Stromgroßhandelspreis betrug in den Jahren 2019 und 2020 rund 40 Euro je Megawattstunde (MWh). Schon 2021 ist der Strompreis auf durchschnittlich 110 Euro/MWh angestiegen. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist er immer weiter gestiegen und betrug im September 2022 bereits über 400 Euro/MWh. Die zuständige Regulierungsbehörde E-Control geht laut AK davon aus, dass die Beschaffung zum Ausgleich der Netzverluste 2023 bei rund 400 Euro/MWh liegen wird. So kommt man auf etwa eine Milliarde Euro zusätzlicher Kostenbelastung.

Die AK spricht sich jetzt dafür aus, die Stromerzeuger dazu zu verpflichten, Energie für die Kompensation von Netzverlusten zu angemessenen Preisen (Erzeugungskosten inklusive Gewinnmarge) zur Verfügung zu stellen. Der Vorschlag der AK beläuft sich auf 80 Euro pro MWh. Dieser Pauschalbetrag wird genannt, „um eine aufwendige Kostenprüfung zu vermeiden“. Der Preis für die gelieferten Strommengen solle sich nach den tatsächlichen Erzeugungskosten samt einem Gewinnaufschlag richten.

Da der Netzbereich grundsätzlich reguliert ist, sei das national in Österreich möglich. Wegen der Regulierung sollten in dem Netzbereich nicht auch noch „Übergewinne“ entstehen, so Thoman. Er erinnerte, dass die Energie in Österreich zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energieträgern kommt. So werde eine MWh Strom aus Wasserkraft um weniger als 40 Euro erzeugt, bei der Windkraft seien es unter 80 Euro je MWh.

„Es ist also nicht nötig, im regulierten Bereich Strom am Markt zu beschaffen. Wir brauchen nur ein Gesetz, das besagt, die Erzeuger in Österreich müssen anteilig an ihrer Gesamtjahresproduktion Energie für die Kompensation von Netzverlusten zur Verfügung stellen.“ Unternehmen mit höheren Aufwänden, die das nachweisen können – etwa wenn sie Strom aus Gas erzeugen – sollen ihre Mehrkosten bei einem entsprechenden Nachweis abgegolten bekommen.

APA

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