COP27 – Umgang mit Schäden als zentrale Streitfrage

18. November 2022, Sharm el-Sheikh

Der Umgang mit den enormen Schäden und Verlusten, die der Klimawandel jetzt schon in aller Welt verursacht, zählt bei der UN-Klimakonferenz in Scharm el-Scheikh (COP27) zu den zentralen Streitfragen. Bei den Verhandlungen unter dem Stichwort „Loss and Damage“ (L&D) ist dieses Jahr erstmals ein entscheidender Durchbruch in Reichweite. Am Freitag wurde darum allerdings noch hart gerungen, die Beratungen bis Samstag verlängert.

Worum geht es?

Bei den UN-Klimakonferenzen standen bisher der Kampf gegen die Ursachen des Klimawandels sowie Maßnahmen zur Anpassung an die Erderhitzung im Vordergrund. Dafür fließen bereits Milliardensummen aus den Industriestaaten in die Entwicklungsländer.

Die konkreten Folgen des Klimawandels wie zunehmende Überschwemmungen und Dürren bekommen Entwicklungsländer und kleine Inselstaaten aber schon jetzt massiv zu spüren – und zwar deutlich heftiger als die Industrieländer. Seit Jahren fordern die Entwicklungsländer und Inselstaaten daher Ausgleichszahlungen von den reichen Staaten.

Entwicklungsländer und NGOs verweisen bei dem Thema mit Blick auf die massiven Treibhausgasemissionen der Industriestaaten immer wieder auf das Verursacherprinzip. Reiche Länder wie die USA befürchten umgekehrt bei Hilfszusagen ein Fass ohne Boden. Aktueller Streitpunkt ist vor allem die Einstufung wichtiger Schwellenländer wie China, die zwar früher niedrige Emissionen hatten, aktuell aber umso höhere.

Was wurde in der Vergangenheit zu klimabedingten Schäden beschlossen?

Bei der COP 2013 in Warschau wurde der Internationale Warschau-Mechanismus zu Loss and Damage (WIM) geschaffen, um zumindest den Erfahrungsaustausch und das Zusammentragen von Wissen über das Thema zu fördern. 2019 wurde das Santiago Loss & Damage Network gegründet, das technische Unterstützung bei der Bewältigung klimabedingter Schäden in Entwicklungsländern leisten soll. Bei der COP26 im vergangenen Jahr in Glasgow wurde ein Rahmen für die Diskussion über L&D-Finanzierungsmaßnahmen mit jährlichen Sitzungen bis 2024 vereinbart.

Wie ist die Lage auf der COP27?

Gleich am Eröffnungstag der Weltklimakonferenz vor knapp zwei Wochen wurden Zahlungen für klimabedingte Schäden erstmals bei den fast 30-jährigen UN-Klimaverhandlungen als eigener Punkt in der Verhandlungsagenda verankert. Dies gilt als großer Erfolg. Ein Teilergebnis war am Donnerstag die Einigung auf Struktur und Mandat für das Santiago-Netzwerk für Schäden und Verluste. Damit kann das Netzwerk nun endlich tatsächlich seine Arbeit aufnehmen.

Politisch heikler ist die Debatte um einen Fonds zum Ausgleich für klimabedingte Schäden, den vor allem die Entwicklungsländer vehement fordern. Dazu lagen am Freitag mehrere Optionen auf dem Tisch. Eine davon sieht vor, in Scharm el-Scheikh einen Grundsatzbeschluss für einen Fonds für Ausgleichszahlungen für Klimaschäden zu fällen, alternativ könnte dies kommendes Jahr geschehen.

Die EU, die der Fonds-Idee zunächst skeptisch gegenüberstand, legte in der Nacht zum Freitag einen Kompromissvorschlag vor, in dem sie sich zur Schaffung eines L&D-Fonds bereit erklärt, wenn die Auszahlungen auf besonders von Klimakatastrophen betroffene Staaten beschränkt werden und auch große Schwellenländer wie insbesondere China Geld bereitstellen – was besonders China aber nicht will.

Außerdem macht die EU stärkere weltweite Anstrengungen zur Senkung der Treibhausgasemissionen zur Bedingung, um eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad noch in Reichweite zu halten. Damit werden die Klimaschäden-Verhandlungen mit der zweiten großen Baustelle der COP27, den unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen, verknüpft.

Um welche Summen geht es?

Das wäre später auszuhandeln. Allein die V20-Gruppe aus 58 besonders gefährdeten Staaten beziffert ihre Kosten in den vergangenen 20 Jahren auf 525 Milliarden Dollar (587,3 Milliarden Euro). Laut einer Studie der London School of Economics könnten die klimabedingten Schäden und Verluste bis 2050 auf 1,0 bis 1,8 Billionen Dollar jährlich steigen.

APA/ag

Ähnliche Artikel weiterlesen

Deutschland: Verkehr auch 2023 über erlaubten Klima-Limit

15. April 2024, Berlin
Bereits das dritte Jahr in Folge wurde das Klimaziel überschritten
 - Hamburg, APA/dpa

Bitcoin verursacht 90,93 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr

15. April 2024, Zürich
Das "Schürfen" von Bitcoins verbraucht viel Energie
 - Berlin, APA/dpa

Klimaklage: Europ. Menschenrechtsgericht verurteilte Schweiz

10. April 2024, Straßburg/Wien
Schweizer Bundespräsidentin Amherd zeigte sich überrascht (Archiv)
 - Brussels, APA/AFP

IG Windkraft fordert mehr Tempo in den Bundesländern

9. April 2024, Wien/St. Pölten
IG Windkraft fordert bessere Rahmenbedingungen für den Windkraftausbau
 - Sigless, APA/THEMENBILD