Strompreisbremse ja, Gaspreisbremse nein

2. Dezember 2022

Die Strompreisbremse wird für Mehrpersonenhaushalte noch stärker angezogen, gegen einen Gaspreisdeckel, wie ihn immer mehr Stimmen fordern, legt sich Finanzminister Magnus Brunner aber quer. Er sinniert über intelligentere Wege.

Viele Stromkunden in Österreich haben schon Bekanntschaft gemacht mit den exorbitant gestiegenen Preisen für elektrische Energie, in einigen westlichen Bundesländern stehen Preiserhöhungen Anfang 2023 an. Dann aber soll bereits die Strompreisbremse wirken. Diese tritt heute, Donnerstag, in Kraft. Sie soll, und das ist neu, eine höhere Bremswirkung dort entfalten, wo mehr als drei Personen zusammenleben.

Das ist die Antwort der Regierung auf die Kritik, Haushaltsgrößen seien gar nicht berücksichtigt worden. Nun kommt zum Grundmodell, von dem alle Strombezieher und Strombezieherinnen bis zu einer gewissen Höhe profitieren, ein Top-up-Modell. „Damit haben wir die Möglichkeit einer zusätzlichen Entlastung, wo auch die Haushaltsgröße berücksichtigt ist“, sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bei der Präzisierung des Pakets am Mittwoch.
Für Haushalte mit mehr als drei Personen soll für jede zusätzliche Person ein Kontingent von weiteren 350 Kilowattstunden (kWh) bis zu 30 Cent gefördert werden. Das bringe eine zusätzliche Ersparnis von 100 Euro pro Person und Jahr, ergänzte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne). Das Grundmodell, bei dem die Regierung den Strompreis für die ersten 2900 kWh bei zehn Cent deckelt und maximal 30 Cent drauflegt, bringe 500 Euro Einsparung pro Haushalt und Jahr, erinnerten beide Minister. Die 2900 kWh entsprechen etwa 80 Prozent des Jahresverbrauchs eines Durchschnittshaushalts in Österreich.

Die Strompreisbremse soll vom 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2024 wirken. Dafür muss weder ein Antrag gestellt noch ein Formular ausgefüllt werden. Einzige Voraussetzung ist, dass es einen aufrechten Stromliefervertrag gibt und einen Zählpunkt. Die Abwicklung erfolgt über den Stromlieferanten.

„Wir setzen das ab 1. Dezember um“, sagte der Präsident von Österreichs Energie, Verbund-Chef Michael Strugl.

Anreiz zum Stromsparen

Alle IT-Systeme müssten so umgestellt werden, dass bei jedem einzelnen Stromkunden und jeder einzelnen Stromkundin die Strompreisbremse eingepflegt werden könne. Das sei „mit erheblichem Aufwand verbunden“, wie Strugl betonte. Es sei aber eine gute Sache, zumal der Anreiz zum Stromsparen bestehen bleibe. Denn für jede verbrauchte kWh, die über die 2900 kWh hinausgeht, sind Marktpreise zu zahlen.

Die Regierung hat allein für dieses Entlastungspaket, das auch die Übernahme von 75 Prozent der Netzgebühren von Geringverdienern mit GIS-Befreiung vorsieht, bis zu vier Milliarden Euro kalkuliert. Die tatsächliche Höhe der Kosten ist abhängig von der Entwicklung der Strompreise in den kommenden Monaten.

Der Einführung einer Preisbremse auch bei Gas, wie sie in Deutschland mit 1. Jänner 2023 in Kraft tritt, erteilte Brunner neuerlich eine Absage. „Man kann das deutsche Modell nicht eins zu eins auf Österreich übertragen. Wir haben eine andere Situation“, sagte Brunner. Er verwies darauf, dass knapp 50 Prozent der Haushalte in Deutschland mit Gas heizen, in Österreich nur 23 Prozent – und das regional sehr ungleich verteilt. Brunner: „Es gibt ein Ost-West-Gefälle. Eine Gaspreisbremse würde zum Beispiel in Salzburg 91 Prozent aller Haushalte nicht betreffen, in Tirol 90 Prozent und in Kärnten 97 Prozent nicht. Es muss sinnvollere Wege geben.“

Schwarzer und roter Unmut

Zuletzt hatten die Landeshauptleute Oberösterreichs, Niederösterreichs und der Steiermark, Thomas Stelzer, Johanna Mikl-Leitner und Christopher Drexler (alle ÖVP), Maßnahmen zur Verringerung der Gaspreisbelastung gefordert, auch aus dem schwarz regierten Salzburg war Unmut zu hören.

Am Mittwoch forderte auch SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter eine Gaspreisbremse nach deutschem Vorbild. Matznetter verwies auf Wettbewerbsnachteile, die österreichische Unternehmen gegenüber deutschen gewärtigen müssten, sollte die Regierung untätig bleiben.

Der Gasverbrauch ist in Österreich nach Angaben der E-Control im Oktober-Vergleich um mehr als ein Viertel zurückgegangen, was wohl an den vergleichsweise hohen Temperaturen liegen dürfte. Auch der Stromverbrauch ist gesunken, und zwar um neun Prozent.

Der Standard

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