EVN 2021/22 mit deutlich mehr Umsatz aber weniger Gewinn

15. Dezember 2022, Wien/Maria Enzersdorf
EVN spürt Verwerfungen - Maria Enzersdorf, APA/THEMENBILD

Beim börsennotierten niederösterreichischen Versorger EVN zeigten sich im Geschäftsjahr 2021/21 die Verwerfungen auf den Energiemärkten. Der Gewinn sank um mehr als ein Drittel, der Umsatz legte kräftig zu. Die Beschaffungskosten stiegen deutlich. Investieren will die EVN auch in den nächsten Jahren rund 500 Mio. Euro. Die Besteuerung von Zufallsgewinnen wird die EVN-Gruppe voraussichtlich mit einem dreistelligen Millionen-Euro-Betrag betreffen.

„Je nachdem wie sehr wir unsere Erneuerbaren-Investitionen anrechnen können“, gebe es entweder „einen Einser oder einen Zweier“ vorgestellt vor dem dreistelligen Millionenbetrag, so EVN-Vorstandssprecher Stefan Szyszkowitz am Donnerstag in der Bilanzpressekonferenz. Das sei die aktuelle Einschätzung und dies habe man auch für die eigene Tätigkeit in der Spanne für das nächste Jahr berücksichtigt.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr sank der Konzerngewinn um 35,6 Prozent auf 209,6 Mio. Euro. Für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 erwartet die EVN unter Annahme stabiler Rahmenbedingungen, ein Konzernergebnis in einer Bandbreite von etwa 190 Mio. bis 250 Mio. Euro, vorerst nicht berücksichtigt ist dabei der Ergebnisbeitrag aus der Verbund-Beteiligung.

Die Preise für die Haushaltskunden werden zu Jahresbeginn bei den Standard-Tarifen nicht erhöht. Die Ausrollung der digitalen Stromzähler („Smart Meter“) sei bis Jahresende abgeschlossen, so EVN-Vorstand Franz Mittermayer. Angeboten werde den Kunden auch ein Online-Tarif mit billigerem Strom in der Nacht und am Wochenende, Voraussetzung dafür sei ein aktiver Smart Meter mit Viertelstundenabrechnung. Beim Gasverbrauch der Haushaltkunden rechnet die EVN im laufenden Geschäftsjahr mit einem Rückgang um 16 Prozent.

Die Investitionen der EVN haben im per Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr ein Rekordhoch von 564 Mio. Euro erreicht, davon gingen drei Viertel in Niederösterreich in Netze, erneubare Erzeugung und Trinkwasser. In den kommenden Jahren sollen die Investitionen weiterhin bei mehr als 500 Mio. Euro pro Jahr liegen. Investitionstreiber ist der Erneuerbaren-Ausbau. Im Vorjahr flossen 270 Mio. Euro ins Stromnetz in Niederösterreich, bis 2030 wird die Leistungsstärke verdoppelt. Mehr als 25 Prozent der in Österreich installierten Photovoltaik-Anlagen stehe in Niederösterreich, bei Wind liege der Anteil bei 53 Prozent, illustrierte Mittermayer die Bedeutung des Bundeslandes für die Energiewende. Aktuell sind rund 60.000 PV-Anlagen angeschlossen, bis 2030 dürften weitere 130.000 dazukommen.

Die EVN selbst will ihre installierte Windkraft-Leistung bis 2030 von derzeit 407 auf 750 Megawatt (MW) Euro erhöhen. Bei Photovoltaik (PV) ist in diesem Zeitraum ein Ausbau von 14 auf 300 MW geplant. Im vergangenen Geschäftsjahr habe sich der Erneuerbaren-Anteil an der Stromproduktion auf 67 Prozent (nach 57 Prozent) erhöht. Insgesamt ging die Stromerzeugung um 15,8 Prozent auf 3.365 Gigawattstunden (GWh) zurück, davon entfielen 2.248 GWh auf Erneuerbare (minus 1,5 Prozent). Weiters habe es eine erstmalige Berichterstattung gemäß EU-Taxonomie-Verordnung zur Taxonomiefähigkeit und -konformität gegeben: Demnach waren 85 Prozent der Investitionen 2021/22 ökologisch-nachhaltig gemäß EU-Taxonomie.

Im internationalen Projektgeschäft gibt es Baufortschritte beim Großprojekt in Kuwait: Der Fertigstellungsgrad der Kläranlage liege bei rund 60 Prozent, bei der Abwasserinfrastruktur seien es rund 40 Prozent.

Zur Frage von Schutzschirmen von Unternehmen sagte Szyszkowitz, wenn man in einer außergewöhnlichen historischen Situation sei, sei die Überprüfung von außergewöhnlichen Maßnahmen, dass es nicht zu einem volkswirtschaftlichen Gesamtrisiko wird, berechtigt. Es wäre wichtig, dass die finanzierenden Banken, für den Fall, dass es schwierig werde, wüssten, dass es noch einen Schutzschirm hinter ihnen gebe.

Das diversifizierte Geschäftsmodell der EVN habe geholfen, das Geschäftsjahr solide zu beenden, so Szyszkowitz. Die gestiegenen Beschaffungskosten stellten eine enorme Belastung dar, auch in Südosteuropa, wo die EVN in Bulgarien und Nordmazedonien tätig ist. Der Aufwand für Fremdstrombezug und Energieträger belief sich auf rund 2,28 Mrd. Euro, nach 1,06 Mrd. Euro im Vorjahr. Der Umsatz legte im Geschäftsjahr um 69,6 Prozent auf rund 4,06 Mrd. Euro zu, der Gewinn sank um 35,6 Prozent auf 209,6 Mio. Euro. Die Dividende soll sich trotz des Gewinnrückgangs mit 0,52 Euro je Aktie auf Vorjahresniveau bewegen. Die EVN beabsichtigt ihre Aktionärinnen und Aktionäre an zusätzlichen Ergebnissteigerungen in angemessener Höhe zu beteiligen.

Die hohen Umsatzerlöse führt die zu 51 Prozent im Besitz des Landes Niederösterreich stehende EVN neben den gestiegenen Strompreisen unter anderem auf Preiseffekte in der erneuerbaren Stromerzeugung, Preisanpassungen bei der EVN Wärme und höhere Umsatzerlöse aus dem Erdgashandel zurück. Das EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) sank um 9,8 Prozent auf 754,8 Mio. Euro, das operative Ergebnis (EBIT) um 14,2 Prozent auf 331,6 Mio. Euro. Das Finanzergebnis verringerte sich trotz einer höheren Verbund-Dividende um 52,5 Prozent auf minus 30,5 Mio. Euro. Die Nettoverschuldung erhöhte sich um 53,0 Prozent auf rund 1,25 Mrd. Euro.

APA

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