„Energieautarkie ist nicht die Lösung“

30. Jänner 2023

Interview. Mag. Michael Mock, Geschäftsführer FGW und ÖVGW, darüber, warum vor allem speicherbare Energieträger Zukunft haben

KURIER: Warum plädieren Sie für den Bau neuer bzw. den Ausbau bestehender heimischer Biogasanlagen?
Mock: Wenn wir bis zum Jahr 2040 zu 100 Prozent klimaneutral sein wollen, reicht es nicht, nur auf Strom aus Sonne und Wind zu setzen. Diese Energieformen sind auch wichtig, aber zu volatil – im Sommer gibt es davon zu viel und im Winter zu wenig. Um diesen Sommer-Winter-Ausgleich leisten zu können, kommt nur Gas, das in praktisch unbeschränkter Menge verlustfrei gespeichert werden kann, in Frage. Studien belegen, dass die Energiewende unter Einsatz von Grünem Gas (Biomethan, Wasserstoff) die volkswirtschaftlich günstigste Alternative ist. Gasleitungen, Gasspeicher, und auch Gasgeräte können für Grünes Gas wie bisher genutzt werden. Deshalb macht es Sinn, bestehende Biogasanlagen umzubauen, bzw. neue effiziente Biogasanlagen im industriellen Maßstab zu errichten. Dieses Gas kann eingelagert und bei Bedarf jederzeit nutzbar gemacht werden.

Wie kann Grünes Gas dazu beitragen, Österreich von Gasimporten unabhängiger zu machen?

Zunächst sollte das riesige heimische Biogaspotenzial gehoben werden. Die Energieversorgung muss auf möglichst vielen Beinen stehen. Biogas kann mittelfristig einen großen Beitrag zu mehr Unabhängigkeit leisten. Wenn wir das Potenzial der Reststoffe voll ausnützen, könnten wir langfristig bis zu 50 Prozent des Gasverbrauches damit abdecken. Zusätzlich werden wir uns verschiedener anderer Quellen bedienen müssen. Dafür kommt etwa eine klimaneutrale Energieversorgung, wie beispielsweise durch H2-Importe aus Ländern, in denen es Wind und Sonne im Überfluss gibt, in Frage. Dort kann durch die klimatischen Bedingungen Wasserstoff günstiger als in Österreich hergestellt werden. Gasförmiger Wasserstoff lässt sich wie heute Erdgas über das bestehende internationale Gasnetz in großen Mengen transportieren. So kann der Industriestandort Österreich langfristig gesichert werden.

Die Regierung kündigt an, dass die Biogasproduktion in sieben Jahren mehr als verzehnfacht werden soll. Wie realistisch ist das?

Das ist ambitioniert und könnte dann klappen, wenn schnell die nötigen und richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das würde eine Steigerung von derzeit rund 0,12 auf 10,5 Terrawattstunden bedeuten. Laut dem Regierungsplan müssen künftig Gasversorger einen jährlich steigenden Anteil an Grünem Gas dem gelieferten Gas beimischen. Bis 2030 sollen in Österreich 11 Prozent Grünes Gas beigemengt sein.

Die Regierung betont, dass Biomethan Erdgas nur dort ersetzen kann, wo es keine Alternativen gibt. Ist das so ?

Wenn wir sämtliche Möglichkeiten nutzen, wie eben den Import von Wasserstoff, dann hat Grünes Gas großes Potenzial. Wenn es am Markt eine Grün Gas Nachfrage gibt, dann wird dieses auch zur Verfügung stehen. Die Entscheidung welche klimaneutralen Technologien zukünftig zum Einsatz kommen, sollen die Kunden treffen und nicht die Politik.

Kurier

Ähnliche Artikel weiterlesen

Geld für Gasleitung ist fix

8. März 2024, Wien

Streit ums Öl: Klimagipfel musste in Verlängerung

15. Dezember 2023

„Brauchen vier Mal so viel Strom“

11. Juli 2023, Innsbruck

Aufholbedarf bei erneuerbarer Energie – auch in Oberösterreich

31. Mai 2023, Linz