Tiwag sieht AK-Forderungen großteils erfüllt

17. April 2023, Innsbruck

Nach der Ankündigung einer Klage der Tiroler Arbeiterkammer gegen den landeseigenen Energieversorger Tiwag wegen geplanter Strompreiserhöhungen ist die Führungsriege des Unternehmens am Montag erneut ausgerückt, um ihre Sicht der Dinge darzustellen. „Wir haben die AK-Forderungen großteils erfüllt“, sagte Vorstandschef Erich Entstrasser vor Journalisten. Laut AK bleibt die „Klagsandrohung“ aufrecht, man warte aber mit der Einbringung vorerst noch ab, hieß es zur APA.

Zuvor hatten Entstrasser und Tiwag-Aufsichtsratsvorsitzender Eduard Wallnöfer an die Interessensvertretung appelliert, sich die „Klage noch einmal zu überlegen“. Bei der Tiroler Arbeiterkammer sah man auf Nachfrage zwar ebenso „einige Forderungen erfüllt“. Vor allem in Sachen „Transparenz“ beim Zustandekommens der Preisgestaltung gebe es aber „noch Nachschärfungsbedarf“, sagte Domenico Rief von der wirtschaftspolitischen Abteilung der Tiroler AK: „Je nachdem wie die restlichen Schritte seitens der Tiwag jetzt ausfallen, prüfen wir die Möglichkeiten“. Falls es zu einer Klage komme, würde man dann den Verein für Konsumenteninformation (VKI) damit beauftragen und „eine Verbandsklage beim Landesgericht einbringen“, so Rief. AK-Chef Erwin Zangerl kündigt ebenfalls an, bei seiner Haltung in Bezug auf die Klagen zu bleiben: „Es braucht Transparenz, ansonsten verläuft jede Verhandlung quasi im luftleeren Raum. Wir werden uns jetzt ansehen, wie transparent die Tiwag sein will.“

Entstrasser sah indes vor allem zwei wesentliche Forderungen der Arbeiterkammer erfüllt: „Bei den neuen Tarifen trennen wir nicht mehr zwischen Bestands- und Neukunden und weiten die Tarife auch auf ganz Tirol aus. Der neue Preis gelte dann „für alle“. Zudem gewährleiste man, dass die neuen Tarife „bis Mitte nächsten Jahres nach oben hin eingefroren werden“, fügte der Vorstandsvorsitzende hinzu.

Von „Massenkündigungen“ und einem „Basar“ wollte Entstrasser jedenfalls erneut nichts wissen: „Alles ist einfach und sachlich nachvollziehbar und an die rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst.“ Dem schloss sich auch Aufsichtsratsschef Wallnöfer an: „Bei den neuen Tarifen handelt es sich definitiv um keinen Willkür-Akt.“ „Unter dem Strich wird sich die gesamte Stromrechnung für den Standardkunden um neun Euro im Monat und damit um rund 20 Prozent erhöhen“, konkretisierte Vorstandsvorsitzender Entstrasser die geplante Tariferhöhung. Damit liege sei man „österreichweit nach wie vor einer der günstigen Energieanbieter“, hielt er fest.

Der Stromstreit zwischen der Arbeiterkammer und dem Energieversorger war am vergangenen Freitag eskaliert, nachdem Verhandlungen über geringere Strompreistarife offenbar gescheitert waren. Die Gespräche waren gestartet worden, nachdem ein AK-Gutachten diese als unrechtmäßig bewertet hatte. Die Arbeiterkammer sah bei der Tiwag „kein Bemühen“, „einen für die Tirolerinnen und Tiroler akzeptablen Strompreis“ anbieten zu wollen. AK-Präsident Zangerl sprach zudem gar von anstehenden Massenkündigungen. Die Tiwag dementierte dies und veröffentlichte einen neuen Strompreis. Es würde keine Kündigungen geben, hielt der Landesenergieversorger fest.

Am Freitag hatte es geheißen, dass für über 220.000 Verträge in den kommenden Wochen neue Lieferbedingungen und Angebote versendet werden sollen. Der künftige Arbeitspreis soll 18,9 Cent/kWh ausmachen, „als Anreiz für einen schnellen Umstieg“ soll ein zeitlich befristeter Bonus von zwei Cent/kWh angerechnet werden. Im Herbst sollen die Beschaffungskosten erneut „entsprechend dem dann gegebenen Marktumfeld“ überprüft werden. Eigentlich wäre ab Juni eine Arbeitspreiserhöhung von acht auf 28 Cent geplant gewesen.

Eigentümervertreter und Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) sowie Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) verteidigten die Preiserhöhung indes. „Die Preiserhöhung wird nach intensiven Gesprächen deutlich geringer ausfallen als ursprünglich angekündigt“, sagte Mattle in der „Tiroler Tageszeitung“. Willi – „seine“ Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB) stehen im Eigentum von Tiwag und Stadt – stimmte mit ein und betonte, das es darum gehe die Tiwag „auf einem sehr wechselhaften Strommarkt stabil zu halten“.

Unterdessen führte der Konflikt natürlich auch zu einer lebhaften landespolitischen Diskussion. Kritik gab es etwa von FPÖ-Landesparteichef Markus Abwerzger, der der Tiwag „absolute Konzeptlosigkeit“ vorwarf und deren Vorgehen „in diesen schweren Zeiten“ als „unsozial“ bezeichnete. Liste Fritz-Klubobmann Markus Sint ortete bei der Tiwag ein Verhalten „wie am Basar“, eine AK-Klage sah er aber kritisch. NEOS-Chef Dominik Oberhofer positionierte sich aufseiten der AK und deren möglicher Klage: „Ohne rechtlichen und politischen Druck hätte die Tiwag die Preise auf 28 Cent erhöht.“

Die Tiwag hat die Strompreise für Haushalts- und Bestandskunden bis dato nicht erhöht und eine Anhebung für Juni 2023 angekündigt. Die bisherige Preisgestaltung war an den Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) gebunden, die Änderungen wurden von der Entwicklung der Großhandelspreise abhängig gemacht. Im AK-Gutachten wurde aber festgehalten, dass die Tiwag sowie andere Anbieter in ihren Klauseln „die Kostenstruktur“ – auch betreffend der Eigenproduktion – offenlegen müssen.

APA

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