Viel mehr Flächen für Wind und PV nötig

24. Mai 2023

Soll der Abschied von fossilen Energien in der Stromproduktion gelingen, müssten in Österreich etwa zwei Prozent der Gemeindefläche zweckentsprechend gewidmet werden, sagt die Ökostrom AG. Derzeit ist es rund ein Prozent.

Der Ausbau erneuerbarer Energien schreitet in Österreich nach einer Phase des Fast-Stillstands wieder voran, aber bei weitem nicht so rasch und umfangreich wie notwendig. Dabei ist weniger die Zahl vorhandener Projekte ein Problem; es sind vielmehr fehlende Flächen, die potenzielle Betreiber von Windkraft-, aber auch von Solarparks verzweifeln lassen. Nun lässt die Ökostrom AG mit einem Vorschlag aufhorchen.

„Wir sollten die Gemeinden in die Pflicht nehmen“, sagt Ulrich Streibl, Vorstandssprecher der Ökostrom AG, dem STANDARD. Sein Vorschlag: Jede Kommune sollte zwei Prozent der Gemeindefläche für Windkraft zur Verfügung stellen.

Stand jetzt wäre das mehr als eine Verdoppelung und ausreichend, um im Bereich Stromproduktion bis zum Jahr 2030 auf 100 Prozent Erneuerbare zu kommen. Dazu hat sich Österreich verpflichtet. Derzeit sind es etwa 80 Prozent der benötigten Strommenge, die CO2-frei hergestellt werden. Darüber hinaus wartet in der Mobilität und Raumwärme eine noch viel größere Herausforderung, möglichst viel Klima schädigendes CO2 durch den vermehrten Einsatz von Grünstrom hinauszudrängen. Bricht man die Fläche, die speziell für den Windkraftausbau in Österreich gewidmet ist, auf Gemeinden herunter, kommt man laut Streibl aktuell auf weniger als ein Prozent an Fläche im Durchschnitt.
Pate sei Deutschland gestanden, wo Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor kurzem das sogenannte Wind-an-Land-Gesetz auf den Weg gebracht hat. Dieses besagt, dass zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft zur Verfügung stehen müssen.

Kompensationsleistung

Weil nicht jede Gemeinde in Österreich gleiche Voraussetzungen zur Produktion von Windstrom habe, aber auch keine Kommune sich aus der Pflicht nehmen dürfe, macht Streibl einen differenzierten Vorschlag: „Gemeinden mit schlechten Windverhältnissen sollten sich virtuelle Flächen bei Gemeinden sichern, die mehr machen können, wie etwa im Burgenland. Und dafür zahlen sie eben einen Abschlag. Oder sie widmen entsprechend mehr Flächen für Photovoltaik“.
Um die mitunter fehlende Akzeptanz der Bevölkerung zu bekommen, müsse auf allen Ebenen sehr viel mehr in Informations- und Aufklärungsarbeit investiert werden, ist Hildegard Aichberger, Vorstandskollegin von Streibl in der Ökostrom AG, überzeugt. Das Argument der fehlenden Zustimmung wird von Landes- oder Kommunalpolitikern häufig als Grund angeführt, warum sie den Ausbau erneuerbarer Energien in ihrem Verantwortungsbereich bremsen.
Bei allem Verständnis für die von der Regierung im Herbst 2022 beschlossene Gewinnabschöpfung von Stromproduzenten – die zur Jahresmitte drohende Verschärfung der Regelung wird nicht nur bei Landesenergieversorgern kritisch gesehen, sondern auch bei der Ökostrom AG. Die geplante Absenkung der Gewinnschwellen, ab denen der Staat abkassiert, von 180 auf 160 Euro je Megawattstunde bzw. von 140 auf 120 Euro bei nachweisbaren Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Energien sei „ganz ungut“, sagt Streibl. „Wir machen Planungen, nehmen Flächen unter Vertrag, bestellen Material. Und dann kommt die Regierung und schärft das nur ein halbes Jahr später nach.“ Damit verschrecke man Unternehmen. Die neuen Schwellenwerte sollen dem Vernehmen nach diesen Donnerstag mit einfacher Mehrheit beschlossen werden.

Mehr Gewinn

Die Ökostrom AG, die 1999 aus der Umweltschutz- und Anti-Atom-Bewegung hervorgegangen ist, konnte ihren Gewinn im abgelaufenen Geschäftsjahr 2022 von rund 1,5 auf etwa zehn Millionen Euro deutlich steigern. Würden diese zehn Millionen zur Senkung des Strompreises eingesetzt, würde sich dieser für die Kunden und Kundinnen der Ökostrom AG um nur einen Cent je Kilowattstunde verbilligen, rechnete Aichberger vor. Dann bleibe aber null Geld für Investitionen. Die Zahl der Kunden und Kundinnen der Ökostrom AG ist 2022 von 76.000 auf 91.000 gestiegen. Heuer wird die Zahl sechsstellig.

Von der seit Dezember wirksamen Gewinnabschöpfung ist das Unternehmen laut dem Vorstandsduo mit „ein paar Tausend Euro“ betroffen. Im laufenden Jahr werde es um einiges mehr sein.

Der Standard

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