Tiwag senkt Strompreis bereits ab 24. Juli

4. Juli 2023, Innsbruck
Die Tiwag reagiert auf die Kritik - Loosdorf, APA/THEMENBILD

Der landeseigene Tiroler Energieversorger Tiwag reagiert nun nach teils scharfer Kritik an seiner Preispolitik in den vergangenen Wochen. „Aufgrund des derzeit äußerst dynamischen Marktumfelds“ ziehe man die angekündigte Strompreissenkung auf den 24. Juli vor, hieß es am Dienstag. Die nunmehrige Entscheidung erfolge nach einem „Auftrag zur Prüfung einer vorzeitigen Strompreissenkung“ noch vor Beginn der Heizsaison im Herbst durch LH und Eigentümervertreter Anton Mattle (ÖVP).

Damit bleibe man weiter „einer der günstigsten Landesenergieversorger“ für die Kunden, erklärte Tiwag-Vorstandsvorsitzender Erich Entstrasser in einer Aussendung. Der Energiepreis für alle Kunden, die auf den neuen Stromvertrag umsteigen oder bereits umgestiegen sind, werde auf 15,7 Cent pro Kilowattstunde netto bzw. 18,84 Cent pro Kilowattstunde brutto inkl. Boni abgesenkt. Bisher betrug er 22,68 Cent. Bis zum 31. März 2024 – und damit bis zum Ende der kommenden Heizsaison – gelte eine Preisgarantie, hieß es. Die Energiepreise könnten damit nur gesenkt, aber nicht erhöht werden. Auch die Innsbrucker Kommunalbetriebe würden ihre Produkte entsprechend anpassen.

Wegen der deutlichen Preisdifferenz zum Altvertrag – minus 25 Prozent vor der Strompreisbremse – empfehle man einen raschen Wechsel in den Neuvertrag, so die Tiwag. Über 100.000 Kunden, das ist beinahe jeder oder jede zweite, habe bereits den neuen Vertrag unterschrieben und profitiere zusätzlich zum aktuellen Aktionsbonus damit auch von der bevorstehenden Preissenkung. Ein Wechsel in den Neuvertrag sei unkompliziert und schnell über das Tiwag-Kundenportal oder das Servicecenter möglich, warb das Unternehmen.

Mattle hatte zuletzt eine Senkung im Umfang von 15 Prozent eingefordert. Entstrasser kündigte vergangenen Woche noch an, dass man „jedenfalls zum 1. Oktober 2023 eine Preissenkung vornehmen“ werde. Sie werde sich zwischen zehn und 15 Prozent bewegen. Nunmehr kommt es doch zu einer vorzeitigen Senkung, der öffentliche Druck sowie jener des Eigentümers Land, der zuletzt kontinuierlich zunahm, dürfte dabei wohl eine Rolle gespielt haben. Mattle jedenfalls freute sich: Das Gespräch, zu dem er die Tiwag-Spitze vor einer Woche eingeladen hatte, habe „Früchte getragen“. „Durch eine Neukalkulation auf Grund des dynamischen Marktumfelds zeigt die Entwicklung des Strompreises nach unten. Schritt für Schritt kämpfen wir uns bei der Energie zurück zur Normalität“, so der Landeshauptmann in einer Reaktion.

Neben der aufgesetzten Preiserhöhung mit Sommer hatte zuletzt auch ein Informationsschreiben zur ebenjener Erhöhung für Unmut gesorgt, in dem der Energieversorger in einer Passage offenbar betonte, dass er nicht verpflichtet sei, seinen selbst produzierten Strom an die Konsumenten und Kleinunternehmer weiterzugeben, und sich der Anteil der Eigenproduktion jederzeit ändern könne. Entstrasser räumte danach ein „Kommunikationsproblem“ ein, wenn es darum gehe, den Kundinnen und Kunden die Strompreisbildung zu erklären. Das liege zum Teil auch daran, dass man mit dieser Situation so bisher noch nie konfrontiert gewesen sei und diese Themen so im Detail erklären habe müssen. Auf der anderen Seite sei gerade die Preisbildung beim Strom sehr, sehr komplex und das Ganze schwierig zu erklären. Dass das bei den Kunden für Verunsicherung sorge, sei für ihn völlig nachvollziehbar.

Mit der Tiwag war jedenfalls auch die schwarz-rote Landeskoalition zunehmend unter Beschuss geraten – von der schwarz dominierten Arbeiterkammer bis hin zur Landes-Opposition. Und auch innerhalb der Regierung machte sich Unmut breit. So forderte etwa auch SPÖ-Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer das „Ausschöpfen aller Möglichkeiten zur Senkung des Stromtarifs“, und dies rasch.

Nach der Tiwag-Ankündigung zeigte sich Dornauer nunmehr zufrieden, sparte aber gleichzeitig nicht mit kleinen Seitenhieben gegen den Energieversorger. „Nach massivem politischen Druck“ habe es beim Landesenergieversorger „spät, aber doch, ein Einlenken gegeben.“ „Gerade Energieversorger in öffentlicher Hand sollten in diesem sensiblem Marktumfeld mit Weitsicht agieren. Wir müssen nun langfristig sicherstellen, dass die Tirolerinnen und Tiroler den günstigsten Stromtarif erhalten“, so der rote Landeshauptmannstellvertreter. Für ÖVP-Klubobmann und AAB-Chef Jakob Wolf war es „heute höchste Zeit, dass die Tiwag Klarheit beim Tiroler Strompreis geschaffen hat“ und nun mit 23. Juli den Strompreis nicht erhöht. Er spendete erwartbaren Dank: Mattle und AK-Chef Erwin Zangerl hätten nämlich die Senkung „gemeinsam“ durchgesetzt.

Besonders die Arbeiterkammer hatte den Energieversorger zuletzt unter Beschuss genommen. Sie klagte die Tiwag sogar wegen ihres Erachtens mangelnder Transparenz bei der Strompreiserhöhung im Jahr 2022. Entsprechend mit Genugtuung nahm AK-Chef Erwin Zangerl am Dienstag auch die nunmehrige Ankündigung zu Kenntnis. Er sprach von einem „Schritt in die richtige Richtung“. Mitverantwortlich dafür sei – wenig überraschend – auch der Druck der AK gewesen, die schon zu Beginn der Verhandlungen mit der Tiwag im März darauf hinwiesen habe, dass eine derartige Erhöhung des Strompreises nicht haltbar sei. „Man hat die Entwicklung seitens der Tiwag leider unterschätzt und unsere Warnungen nicht ernst genommen. Die Auswirkungen auf die Kundinnen und Kunden sind so enorm, dass endlich gehandelt werden musste“, interpretierte Zangerl die Entwicklung.

Ganz anders hingegen Tirols FPÖ-Obmann Markus Abwerzger, der einen „schwarz-roten Notbluff“ ortete, der nicht ausreichen werde. Abwerzger sprach von einer „Placebosenkung“, die zu spät komme und zu gering ausfalle, aber immerhin ein Anfang sei. „Wenn Menschen 200 Prozent höhere Vorschreibungen bekommen, man dann aber ‚gnädigerweise‘ die Preise um 15 Prozent senkt, kommt das einer Verhöhnung gleich“, kritisierte der Landesparteiobmann, der in der schwarz-roten Landeskoalition eine „noch unsozialere“ sah als in der schwarz-grünen Vorgängerkonstellation.

„Die jetzige Senkung ist ein Schuldeingeständnis und korrigiert nur dann die Fehler, wenn auch eine deutliche Gaspreissenkung durch die Tigas erfolgt“, lautete indes die politische Bewertung, verbunden mit einer Aufforderung, von NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer. Die Landesregierung habe in den vergangenen Monaten „Verwirrung, Unsicherheit und Chaos“ gestiftet, um jetzt teilweise zurückzurudern.

APA