Für Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) ist der am Freitag vorgestellte „Österreichische Netzinfrastrukturplan“ die „Richtschnur“ für den künftigen Ausbau der Strom- und Gasnetze, ohne den die Energiewende technisch nicht funktionieren wird. Erstmals gebe es damit ein gesamthaftes Bild der Energieinfrastruktur der Zukunft, so Gewessler. Der Plan sei zentrales Puzzlestück des Erneuerbaren Energiesystems, in dem auch die Produktion von Wasserstoff und Nutzung von Biogas zentrale Rollen spielen.
In dem Plan wurden im Wesentlichen bestehende Ausbaupläne sowohl der Stromnetzgesellschaft Austrian Power Grid APG als auch der AGGM (Austrian Gas Grid Management) miteinander verknüpft. Einerseits geht es um große Ost-West-Stromleitungskorridore, um den Strom aus den Windparks in Ostösterreich landesweit nutzen zu können. Umgekehrt muss Strom aus Pumpspeicherkraftwerken im Westen auch Ostösterreich bei Flaute versorgen. Mittelfristig sollen Wind und Sonne Wasserstoff produzieren – auch um Stromüberschüsse zu kanalisieren. Über das schrittweise umgerüstete Gasnetz soll vor allem die Industrie versorgt werden.
Die schon länger von der APG und AGGM erstellten Bedarfsszenarien bis Anfang der 2030er-Jahre sind voll in den Plan eingegangen. Sie wurden durch Berechnungen des Umweltbundesamtes bestätigt. Energieexperten auch mehrerer Universitäten prüften und verknüpften die Pläne. Die Federführung hatte dabei der Leobner Montanuni-Professor Thomas Kienberger. Er spricht von einer wichtigen Weichenstellung, die Zahlen seien robust. Was bedeutet, dass jetzt die Basis außer Streit steht, der ÖNIP dann schwer angreifbar ist. Beteiligte können bis 1. September Stellungnahmen zum Entwurf abgeben.
Gewessler war immer wieder kritisiert worden, dass ein sektorübergreifender Plan fehle. Erst kürzlich hatte etwa die Wirtschaftskammer angekündigt, bis Mitte 2024 einen Energiemasterplan aufzustellen.
„Der Plan muss der Startschuss sein, die Planungen auf den Weg zu bringen“, so Christoph Schuh von der APG. „Die Strominfrastruktur ist der Flaschenhals der Energiewende. Wir wissen aus leidvoller Erfahrung, dass das immer wieder öffentlich infrage gestellt wurde“, sagt er. Für Günter Pauritsch von der Österreichischen Energieagentur, der ebenfalls am Plan mitgearbeitet hat, ist der ÖNIP ein „strategisch übergeordnetes Instrument für die kommenden Jahre“. Barbara Schmidt von Oesterreichs Energie, der Interessenvertretung der E-Wirtschaft, fordert schnell detaillierte Projekte.
Vorerst fokussiert der Plan auf den Stromnetzausbau regional heruntergebrochen auf 400 Umspannwerkbezirke in ganz Österreich. So sollen schnell Engpässe beseitigt werden. Der Boom etwa bei Photovoltaik-Anlagen ist aktuell derart groß, dass Energieversorger wegen Netzschwächen keine großen Anlagen genehmigen können.
Das Thema Wasserstoff-Elektrolysen bildet der ÖNIP dagegen noch kaum detailliert ab, obwohl es schon jetzt tageweise zu hoher Strom-Überproduktion kommt. Der geplante große „H2 Kollektor Ost“ in der Windparkregion Burgenland-Niederösterreich ist allerdings im ÖNIP enthalten.
Energiewende: Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) legt erstmals Plan für koordinierten Ausbau der Strom- und Gasnetze vor.
Kleine Zeitung