In Kroatien bringt eine Affäre um Gasverkäufe des staatlichen Energieversorgers HEP, der seit Tagen in den Schlagzeilen steht, die Regierung von Premier Andrej Plenković zunehmend in Bedrängnis. Der Staatskonzern soll laut Medienberichten durch den Verkauf von überschüssigem Gas Millionenverluste gemacht haben. Die Opposition ruft den Regierungschef zur Verantwortung, mit dem Skandal beschäftigt sich mittlerweile auch die Staatsanwaltschaft.
HEP war durch eine Regierungsverordnung verpflichtet worden, das gesamte im Land geförderte Erdgas zum fixen Preis zu kaufen, was inmitten der Energiekrise die Gasversorgung absichern sollte. Nachdem die Gasspeicher voll waren, wurde überschüssiges Gas über den staatlichen Marktbetreiber zu Marktpreisen weiterverkauft, wobei aber der Verkaufspreis deutlich unter dem regulierten Ankaufspreis lag.
Der Regelung zufolge kaufte HEP das Gas vom teilstaatlichen Öl- und Gasunternehmen INA zum Preis von 47 Euro pro Megawattstunde. Die Überschüsse wurden aber im Durchschnitt um rund 10 Euro weiterverkauft, berichteten die Medien. Teilweise soll der Preis nur wenige Cent betragen haben. Das soll zu erheblichen Verlusten geführt haben, das genaue Ausmaß ist noch nicht bekannt. Einige Medien berichteten, dass HEP allein im Juni dadurch 10 Mio. Euro verloren haben soll.
Im Skandal, der von einem Oppositionsabgeordneten aufgedeckt wurde, stellt sich laut Medien nun die Frage, wer für die verlustreichen Gasverkäufe verantwortlich ist. HEP und die Regierung schieben sich die Verantwortung gegenseitig zu. Der Konzern behauptet, den Wirtschaftsminister und den Regierungschef seit Monaten wiederholt auf das Problem hingewiesen zu haben, und wirft ihnen Inaktivität zu. Plenković und Wirtschaftsminister Davor Filipović wollen jedoch nichts gewusst haben und geben an, erst vor kurzem darüber informiert worden zu sein. Jüngste Medienberichte scheinen zu bestätigen, dass HEP seit Jahresanfang auf das Problem aufmerksam gemacht und gemahnt hat, dass die Folgen der Verordnung in Verlusten von bis zu 200 Mio. Euro resultieren könnten.
Nach dem Ausbruch der Affäre änderte die Regierung vergangene Woche die Verordnung, die eigentlich bis zum Frühjahr 2024 in Kraft hätte sein sollen. So ist HEP nicht mehr verpflichtet, heimisches Erdgas zu kaufen. Diese Woche nahm auch die Staatsanwaltschaft den Fall unter die Lupe. Die Opposition fordert eine außerordentliche Parlamentssitzung, um der Sache auf den Grund zu gehen und hält den Regierungschef hauptverantwortlich für den Skandal. Unterdessen gibt es Spekulationen, dass die Affäre sowohl den Wirtschaftsminister als auch den HEP-Chef Frane Barbarić ihre Posten kosten könnte.
APA