Ausbau der Windkraft stockt auf Deutschlands Straßen

7. September 2023, Berlin
Bau stockt oft beim Transport
 - Radegast, APA/dpa

Die Windenergie gilt als einer der Hoffnungsträger bei der Energiewende. Doch der Transport der tonnenschweren Turbinen und meterlangen Rotorblätter mit Spezialfahrzeugen über Deutschlands Straßen wird durch langwierige behördliche Genehmigungen weitgehend lahmgelegt. Oftmals warten die Anlagenbauer monatelang auf die notwendige Freigabe der deutschen Behörden, bis sich die Transporter mit den Bauelementen auf den Weg machen können.

Mit einem Rückstand von mehr als 15.000 ausstehenden Anträgen verzögern sich die Projekte nach Angaben zahlreicher Unternehmen erheblich. Die Kosten für die verlängerte Lagerung von Stahlturmsegmenten, Generatoren und Rotorblättern gehen in die Millionen. „Wenn sich nichts ändert, könnte das bis zum Jahresende 115 Millionen Euro zusätzlich kosten“, sagt Felix Rehwald, Sprecher des Windkraftanlagenherstellers Enercon.

Um schwere Lasten über Brücken und Autobahnen zu fahren, sind Transportgenehmigungen erforderlich. Manchmal müssen Bauwerke und Straßenschilder demontiert werden, während für einige Ladungen Polizeibegleitung erforderlich ist. Andere Transporte lassen sich nur nachts bewerkstelligen. „Dies ist derzeit eine der dringendsten Herausforderungen für uns und unsere Wettbewerber“, so Rehwald weiter. So seien etwa die Parkplätze für Lastwagen zu knapp und die Kosten für Genehmigungen um das Zehnfache gestiegen, sagt ein Sprecher des Windturbinenproduzenten Nordex.

Die Kosten für Anträge sind nach Angaben des Nordex-Spreches von 100 Euro pro Genehmigung auf über 1.000 Euro im Jahr 2021 gestiegen. Aber die bürokratischen Regelungen seien so starr, dass Unternehmen oft mehrere Anträge stellen, um sich für alle Eventualitäten zu wappnen. „Ich kann keine Transportgenehmigung beantragen und morgen sagen: ‚Ich fahre mit dem grünen Lkw statt mit dem roten‘, weil eine neue Genehmigung erforderlich ist“, klagt Kai Westphal, regionaler Transportleiter beim weltgrößten Windturbinenbauer Vestas.

Für den Transport einer Windturbine sind durchschnittlich 150 Genehmigungen erforderlich, für Kräne 100 bis 120 und für Turbinenkomponenten 60, wie eine Studie des Maschinenbauverbandes VDMA aus dem vergangenen Jahr ergab. Zudem gebe es kein einheitliches Gesetz für den Schwerlasttransport, da jedes Bundesland unterschiedliche Dokumente verlangt. Die bundeseigene Autobahn GmbH will als verantwortlicher Infrastrukturbetreiber eigenen Angaben zufolge bis Ende 2023 ein bundesweites, standardisiertes und weitgehend automatisiertes Verfahren einführen.

Einige Nachbarländer sind bereits einen Schritt weiter. Während die Bearbeitung jeder Genehmigung in Deutschland bis zu drei Monate dauert, benötigen die Behörden in den Niederlanden durchschnittlich zwei bis drei Wochen und in Dänemark knapp zehn Tage. Durch speziell ausgebildete Fahrer und Piloten konnte Dänemark den Prozess deutlich beschleunigen, weil die Behörden nicht mehr für jeden Transport eine Polizeieskorte benötigen, sagt Berater Morten Arnskov Boejesen vom dänischen Industrieverband. Die dänische Straßenbaubehörde hat diese Aufgabe im Oktober 2021 von der Polizei übernommen. „In Dänemark ist es definitiv einfacher. Man bekommt einen Antrag in einer Woche durch – davon können wir hier nur träumen“, resümiert Vestas-Manager Westphal.

APA/ag

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