Wien Energie, letzter Akt

11. Oktober 2023, Wien

U-Kommission. SPÖ und Neos präsentierten ihren Bericht zur Causa Wien Energie. Und Vorschläge, um Krisenmanagement zu verbessern.

Nachdem Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) im Sommer 2022 per Notkompetenz einen 1,4-Milliarden-Euro-Kredit für den städtischen Energiekonzern Wien Energie freigegeben hatte, wurde eine Untersuchungskommission eingerichtet. Am Montag präsentierte die Rathaus-Koalition, SPÖ und Neos, ihren Bericht zum Wirken dieser Kommission. Das Ergebnis mutet zwiespältig an.

Einerseits erklären die Parteien (wenig überraschend), die städtischen Verantwortlichen hätten in der Causa Wien Energie keine Fehler gemacht. Andererseits gestehen sie zumindest indirekt zu, dass man bei künftigen Krisen doch nicht alles genauso wieder machen würde. Der SPÖ/Neos-Bericht (die Oppositionsparteien haben eigene Berichte ausgearbeitet) enthält nämlich Empfehlungen – von mehr Transparenz bis zur Verbesserung der internen Kommunikation.

Explosion des Gaspreises

Die Vorgeschichte: Im Juli 2022 schnellten die Preise für russisches Erdgas in die Höhe, nicht zuletzt durch die Wartungsarbeiten an der Gaspipeline Nord Steam 1. In dieser Situation brachte der städtische Konzern Wien Energie (unter dem Dach der Wiener Stadtwerke) nicht mehr jene Mittel auf, die an der Energiebörse als Sicherheiten hinterlegt werden mussten. So wandte sich der Konzern an das Magistrat für Finanzwesen (MA 5) und ersuchte die Konzerneigentümerin, die Stadt Wien, um einen Kreditvertrag. In weiterer Folge gab Bürgermeister Ludwig per Notkompetenz und damit ohne den Gemeinderat zu informieren 700 Millionen Euro frei. Es handelte sich naturgemäß um öffentliche Mittel, also um Steuergeld – freilich erfuhr auch die Öffentlichkeit vorerst nichts davon.

Dasselbe Szenario wiederholte sich im August 2022. Erneut explodierten die Preise an der Energiebörse. Wieder bestand für die Wien Energie erheblicher Liquiditätsbedarf. Wieder wurden 700 Millionen freigegeben. Zudem gewährte der Bund ein Zwei-Milliarden-Euro-Darlehen, dieses Geld wurde aber nicht gebraucht. Die insgesamt 1,4 Milliarden Euro, die via städtischer Notkompetenz an die Wien Energie flossen, wurden bis Ende 2022 zurückgezahlt. Im März 2023 spannte der Gemeinderat einen eigenen Wiener Schutzschirm in der Höhe von zwei Milliarden Euro auf.
Nun zu den Empfehlungen, die am Montag vom SPÖ-Fraktionsvorsitzenden in der U-Kommission, Thomas Reindl und von Stefan Gara, dem Frontmann der Neos, vorgestellt wurden: Die gesetzlichen Regeln für eine U-Kommission sollen präzisiert werden. Dies bezieht sich etwa auf den Umfang jener Fragen, die von den Kommissionsvorsitzenden gestellt werden. Auch die Regeln für die vorzeitige Auflösung der Kommission (wie nun geschehen) sollen genauer definiert werden.

Ins Visier nimmt man auch das Interpellationsrecht. Stadträte sollen künftig im Stadtparlament auch zu ausgegliederten Unternehmen befragt werden können.

Die Regeln der Ausübung der Notkompetenz für die sitzungsfreie Zeit sollen nachgeschärft werden. Denn die Vorgabe, wonach der Bürgermeister nach ebendieser Ausübung unverzüglich die Gremien zu informieren hat, ist unbefriedigend, wenn im Sommer wochenlang keine Gremien tagen.

Ferner soll das Beteiligungsmanagement der Stadtgestärkt werden. Und: Die Corporate Governance für stadteigene Beteiligungen soll weiterentwickelt werden: „Mit dem Wiener Public Corporate Governance Kodex setzen wir einen neuen Maßstab an Transparenz“, erklärte Gara. Es gehe dabei um die Beziehung zwischen der Eigentümerin, Stadt Wien, und ihren Beteiligungsunternehmen. Auch die Krisenkommunikation der Stadtund die ihrer ausgelagerten Beteiligungen soll besser werden.

Kritik kam von der ÖVP: Der Bericht von SPÖ und Neos sei „Ausdruck der skandalösen Mentalität der beiden Wiener Regierungsparteien, die sich seit Beginn an durch diese Untersuchungskommission gezogen hat“, so der Klubobmann der Wiener Volkspartei, Markus Wölbitsch. Und: „Zudecken statt Aufklären ist offensichtlich weiterhin die Devise.“
Zeugenaussagen brachten keinerlei Anhaltspunkte für Spekulationen. Aus dem Schlussbericht.

von Manfred Seeh

Die Presse

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