Kaunertal – Projekt für Tiwag weiterhin alternativlos

12. Oktober 2023, Innsbruck/Kaunertal

Der landeseigene Tiroler Energieversorger Tiwag hat im Vorfeld einer Veranstaltung des WWF am Freitag, bei der Alternativen zum geplanten Ausbau des Kraftwerks Kaunertals vorgestellt werden sollen, die Notwendigkeit des umstrittenen Wasserkraftprojekts betont. Zwar könne auch mit PV-Anlagen und Batteriespeichern dieselbe Energiemenge erzeugt werden, allerdings berge dies Probleme hinsichtlich der Rohstoffbeschaffung und Lebensdauer, hieß es gegenüber der APA am Mittwoch.

Für Tiwag-Vorstand Alexander Speckle sind Pumpspeicherkraftwerke – wie im Kaunertal geplant – „die Zukunft“. Drei Fußballfelder Photovoltaik-Anlagen sowie drei Fußballfelder an Batteriespeichern in jeder Gemeinde Tirols wären nötig, um dieselbe Energie zu gewinnen. Er führte ins Treffen, dass bei PV und Batteriespeichern die Themen Rohstoffgewinnung sowie Lebensdauer zu wenig betrachtet würden. Der Strombedarf würde zudem bis 2050 um das Dreifache steigen, der Volatilität bei der Energiegewinnung bei Erneuerbaren könne nur durch Pumpspeicherkraftwerke entgegnet werden.

Auch Projektleiter Wolfgang Stroppa verteidigte das Projekt und zeigte sich zuversichtlich, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) positiv verlaufen werde, denn: „Wir gehen davon aus, dass es auch wirklich umweltverträglich ist.“ Das wiederholt vorgetragene Argument, dass im Platzertal ein Hochmoor geflutet würde, ließ Stroppa außerdem nicht gelten, da es sich um gar kein Hochmoor handle. Vielmehr befinde sich im Platzertal ein Kleinseggenried, wobei dieses als CO2-Speicher nicht relevant sei.

Das Kleinseggenried werde außerdem „transplantiert“. Im Längental beim Kraftwerk Kühtai habe man ein solches bereits erfolgreich zur Stauwurzel verpflanzt. Selbiges sei beim Kraftwerk Kaunertal geplant, versicherte er. Speckle sah die Tiwag hier oft von „gewissen Gruppierungen in ein „falsches Licht“ gerückt: „Umwelt- und Artenschutz sind auch uns wichtig.“ In den vergangenen 15 Jahren habe der Energieversorger 180 Mio. Euro in Renaturierungen, wie etwa beim Inn, investiert.

Das Kraftwerksprojekt hatte erst im Sommer von der Umweltbehörde des Landes im laufenden UVP-Verfahren einen Verbesserungsauftrag erhalten. Die Überarbeitung werde noch bis 2024 dauern, hieß es nun. Trotzdem zeigte sich Stroppa optimistisch, dass der Bescheid im Jahr 2027 ergehen werde. Die Inbetriebnahme der verschiedenen Kraftwerksstufen sei für die Jahre 2032 bis 2034 geplant.

Die Pläne für das Mega-Pumpspeicherkraftwerk waren zum ersten Mal im Jahr 2009 eingereicht worden. Die UVP war erstmals 2012 gestellt worden. Für das Projekt plant die Tiwag, bis zu 80 Prozent des Wassers aus der Venter und Gurgler Ache im 34 Kilometer entfernten Ötztal – einem der niederschlagsärmsten Täler Tirols – auszuleiten. Zudem würden im Platzertal neun Fußballfelder an Moorflächen geflutet. Mit seinen 120 Metern wäre der Staudamm fast so hoch wie der Stephansdom in Wien und sieben Mal so hoch wie das Goldene Dachl – Vergleiche, die die Naturschutzorganisationen regelmäßig zur Abschreckung heranziehen. Zuletzt legte der WWF mit einer neuen Studie nach. Darin wurde davor gewarnt, dass der Kraftwerksausbau die Wasserversorgung im Ötztal bedrohen könnte. Die Studie folgte wiederum auf zwei Gutachten vom Jänner diesen Jahres. In diesen wurde dargelegt, dass die Berghänge rund um das Kaunertal-Kraftwerk instabil seien und diese durch einen Ausbau zum Pumpspeicherkraftwerk noch instabiler werden würden. Als Grund dafür wurde eine Verstärkung der Wasserspiegelschwankungen durch den Ausbau genannt.

APA