Die EU verpflichtet ab 2024 wesentlich mehr Firmen als bisher zur Vorlage von Nachhaltigkeitsberichten. Bisher mussten in Österreich nur etwa 80 Firmen solche Berichte öffentlich vorlegen und davon ließen sich nur 30 – freiwillig – prüfen. Für das Geschäftsjahr 2028 werden deutlich über 1.000 Berichte verpflichtend zu prüfen sein, schätzt EY-Expertin Susanna Gross. Das Know-how dafür muss aber in Firmen und bei Prüfern erst aufgebaut werden.
Salinen-Chef Untersperger sagte unlängst zu den Vorarbeiten in seinem Haus: „Wir könnten jetzt schon ein Beraterbüro eröffnen“. Nicht alle Firmen nehmen das Thema jetzt schon so ernst. Es gehe nicht nur um die konkrete Arbeit, den Bericht zu verfassen. Vielmehr müssten die betroffenen Unternehmen erst die Abläufe lernen, die richtigen Daten zusammentragen und möglichst rasch zu einer Automatisierung kommen, um den Aufwand für die jährlich wiederkehrende Übung in den Griff zu bekommen, sagt Gross. Dazu komme, dass die Anforderungen laufend weiterentwickelt würden. „Es wird schon ein paar Jahre dauern, bis man da sattelfest ist“, erwartet Gross.
Unternehmen müssen selber bewerten, welche Themenfelder für sie so relevant sind, dass sie in dem jährlichen Nachhaltigkeitsbericht behandelt werden müssen. Gross geht davon aus, dass viele Unternehmen ihre „Stakeholder“, also Personen oder Gruppen, die auf verschiedene Weisen von den Aktivitäten und Entscheidungen eines Unternehmens betroffen sind oder Einfluss auf das Unternehmen ausüben können, dazu befragen werden. Das könnten also Aktionäre und Eigentümer, Kunden, Mitarbeiter, Regulierungsbehörden, Lieferanten aber womöglich auch NGOs sein. Verpflichtet sind die Unternehmen dazu natürlich nicht, aber viele könnten das ausnutzen, sagte Gross im Gespräch mit der APA.
Aber auch bei den Prüfern gebe es einen hohen Schulungs- und Personalbedarf. Einerseits schule EY seine Wirtschaftsprüfer für Nachhaltigkeitsthemen, andererseits sei EY intensiv auf der Suche nach Expertinnen und Experten – Biologen oder Techniker etwa, um das Team zu verstärken.
Haftung und Verantwortung für die Auswahl der Themen des Berichts liegen beim Unternehmen. Die Prüfer würden es aber wohl ansprechen, wenn die Entscheidung „nicht plausibel“ ist und „Bedenken formulieren“ und darüber diskutieren, so Gross. Grundsätzlich sei die Prüfungstiefe aber nicht so groß wie bei Finanzberichten. Erst „die extremste Variante“ könnte sein, dass ein Prüfvermerk eingeschränkt oder versagt wird. Aber ob und wie das vorgesehen sein wird, müsse erst definiert werden.
Weniger Sorgen macht Gross, dass die Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD-Richtlinie) in österreichisches Recht erst bis Mitte 2024 verpflichtend ist, obwohl sich die ersten Firmen schon für ihr Geschäftsjahr 2024 daran halten müssen. Denn die EU habe die Standards dafür schon definiert – und diese würden wohl unverändert in österreichisches Recht übernommen. Daher können sich die Firmen an den bereits veröffentlichten EU-Vorgaben orientieren. Nur Unternehmen, die noch nicht sicher sind, ob sie unter die Anwendung fallen, könnten auf die heimische Umsetzung warten, aber das seien „Sonderfälle“.
APA