BVwG bremst Tiroler Kraftwerk Imst-Haiming

13. Dezember 2023, Innsbruck/Imst/Haiming
Landeshauptmann Anton Mattle ist angetan von dem Vorhaben
 - BRENNER, APA/EXPA/JOHANN GRODER

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat nach Beschwerden gegen den positiven UVP-Bescheid das in Tirol geplante Kraftwerksprojekt Imst-Haiming gebremst und vertiefende Gutachten eingefordert. Das bestätigte das BVwG auf APA-Anfrage am Mittwoch. Diese müssten bis Mai 2024 vorliegen, so ein Sprecher des Kraftwerksbetreibers, des Landesenergieversorgers Tiwag, zur APA. Mögliche Auswirkungen auf den Baubeginn, der für 2024 avisiert war, seien demnach zurzeit nicht absehbar.

In Frage stehen dabei offenbar Auswirkungen des sogenannten Schwall-Sunk-Betriebs auf Fischbestände. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung sei für den zuständigen Richtersenat die Frage offengeblieben, ob es durch das geplante Projekt zu einer Verschlechterung des Gewässerzustandes in der Restwasserstrecke komme und wie sich das Vorhaben auf die Anzahl und Intensität der Schwall- und Sunkereignisse in der zukünftigen Ausleitungsstrecke auswirke, hieß es seitens des Bundesverwaltungsgerichts gegenüber der APA. Diese Fragen müssten vor allem im Hinblick auf das Verschlechterungs- und Torpedierungsverbot nach EU-Wasserrecht geklärt werden.

Daher werde nun auch die Expertise eines energiewirtschaftlichen und eines wasserbautechnischen Sachverständigen beigezogen, hieß es. Zudem würden die vom BVwG bereits zu den Fachbereichen Gewässerökologie und Hydrologie bestellten Sachverständigen mit einer Vertiefung der vorgelegten Gutachten beauftragt. Die nunmehrige Entscheidung war nach Bescheid-Beschwerden von WWF, Landesumweltanwalt und Tiroler Fischereiverband erfolgt.

Der Landesenergieversorger versprach am Mittwoch „proaktiv mit den Gutachtern zusammenzuarbeiten und alle notwendigen Daten transparent und unverzüglich zur Verfügung zu stellen“. Man sei „überzeugt, dass das Vorhaben Imst-Haiming wesentliche Verbesserungen für die Ökologie des Inn, im speziellen für die Fische, bringen wird. Daher sehen wir auch dem vertieften Gutachten positiv entgegen und freuen uns auf einen raschen Fortgang des Verfahrens, um die Energiewende in Tirol voranzutreiben“, wurde Projektleiter Robert Reindl zitiert. Das Kraftwerksprojekt war damit nunmehr „in der Warteschleife“.

Nur acht Monate nach der mündlichen Verhandlung zum Kraftwerksvorhaben war im heurigen Februar ein positiver Umweltverträglichkeitsprüfungs-Bescheid (UVP) zu dem Wasserkraftwerksprojekt eingelangt. Während sich der Betreiber, der landeseigene Energieversorger Tiwag, sowie Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) angetan gezeigt hatte, hatte der WWF auf das „fatale Schwall-Problem“ hingewiesen und gemeint, dass die angekündigten Maßnahmen nicht ausreichen würden, um dieses zu beheben.

„Das Bundesverwaltungsgericht hat unserer Kritik am Kraftwerksprojekt Imst-Haiming und den mangelhaften Planungen recht gegeben. Jetzt müssen die massiven Schäden durch den Schwall-Sunk Betrieb durch die Tiwag gründlich saniert werden“, wurde Bettina Urbanek, Gewässerschutzexpertin beim WWF Österreich, in der „Tiroler Tageszeitung“ (Online-Ausgabe) zitiert. Andreas Schiechtl, Obmann der betroffenen Innsbrucker Fischereigesellschaft und des Tiroler Fischereiverbandes, sagte wiederum laut ORF Tirol: „Ein an und für sich sinnvolles Projekt muss nun ökologisch verbessert werden, damit der fischschädliche Schwall besser gedämpft wird und ein Fischsterben künftig verhindert wird. Gerade bei neuen Projekten gilt es, der Bewahrung der Wasserschätze im Land größtes Augenmerk zu widmen.“

Für die Grünen rückt eine Realisierung des Kraftwerks indes in weite Ferne, wie es am Mittwoch in einer Aussendung hieß. „Die Tiwag muss endlich die Zeichen der Zeit erkennen. Umweltschädliche Projekte aus dem vorigen Jahrhundert sind heute nicht mehr realisierbar“, teilte Landessprecher und Klubobmann Gebi Mair mit. Tirol benötige in absehbarer Zeit aber dringend zusätzliche erneuerbare Energie, so die Grünen. „Tirol kann nicht mehr so lange warten. Die Uralt-Projekte der Tiwag werden keine Genehmigung bekommen. Die Fehlinvestitionen weiterzuverfolgen, ist nicht im Interesse des Landes Tirol. Stattdessen soll die Tiwag endlich in Solar und Wind investieren. Dort kann die erneuerbare Energie viel schneller geerntet werden“, forderte Mair.

Die Innstufe Imst-Haiming stellt ein sogenanntes Ausleitungskraftwerk dar, das die bereits im bestehenden Kraftwerk Prutz-Imst abgearbeitete Wassermenge noch einmal zur Stromgewinnung nutzt. „Das Triebwasser wird dazu über einen 14 Kilometer langen, unterirdischen Stollen von Imst nach Haiming geleitet und dort in einem unterirdischen Kavernenkraftwerk mittels zweier hocheffizienter Francis-Turbinen Strom erzeugt“, hatte Tiwag-Bauvorstand Alexander Speckle erläutert. Dies mache die Anlage energiewirtschaftlich bei vergleichsweise geringen Eingriffen in die Natur sehr effizient. Ganz und gar nicht begeistert von dem Kraftwerksprojekt hatte sich hingegen der WWF gezeigt und mehr Ausgleichsmaßnahmen bezüglich des Schwall-Problems gefordert.

Beim sogenannten Schwall-Sunk-Betrieb handelt es sich um eine Auswirkung von Wasserkraft auf die Tier- und Pflanzenwelt. Beim Einschalten eines Speicherkraftwerks fließt plötzlich eine große Wassermenge und es entsteht eine Art künstliche Hochwasserwelle. Wenn die Kraftwerke wieder ausgeschaltet werden, sinkt der Wasserstand rasch wieder. Vor allem kleine Fische können diesem schnellen Wechsel des sogenannten Schwall-Sunk-Betriebs nicht folgen und daran sterben, hatte Christoph Hauer von der Universität für Bodenkultur (Boku) im Gespräch mit der APA erklärt.

APA

Ähnliche Artikel weiterlesen

Stromausfall in Teilen von Wien-Landstraße behoben

26. Juli 2024, Wien

Ölkonzern Eni rechnet für 2024 mit geringerem Gewinnrückgang

26. Juli 2024, Rom
Eni hatte zuletzt von den hohen Gaspreisen profitiert
 - San Donato Milanese, APA/AFP

Verbund lässt Rekordjahre hinter sich

25. Juli 2024, Wien
Gesunkene Absatzpreise führten im 1

Strom wird im Großhandel billiger, Gas teurer

23. Juli 2024, Wien
Preisänderungen treten ab August ein
 - Bremen, APA/dpa