Politik hat Glauben in Tiwag-Spitze verloren

19. Dezember 2023, Innsbruck

Regierung und Opposition eint Ärger über Vorgangsweise des Landesenergieversorgers. Sonderlandtag im Jänner.

Innsbruck – Es war ein zuletzt seltener Schulterschluss aller Landtagsparteien. Denn Donnerstagabend übten die Vertreter der schwarz-roten Landesregierung und der Opposition von FPÖ, Liste Fritz und NEOS im Landesparlament deutliche Kritik am Landesenergieversorger Tiwag. Wegen des Umgangs mit den Preisanpassungen steht die Tiwag bereits seit Monaten im Mittelpunkt der Kritik. Das Fass zum Überlaufen brachten jetzt die Kündigungen von 100.000 Altverträgen. Verärgert waren die Mandatare vor allem über die Vorgangsweise gegenüber den StromkundInnen. „So kann man mit den Menschen nicht umgehen“, empörte sich selbst VP-Klubchef Jakob Wolf.

Einhellig wurde deshalb auf Initiative der Liste Fritz Eigentümervertreter und Landeshauptmann Anton Mattle (VP) aufgefordert, Verhandlungen mit der Tiwag zu führen, um die Kündigungen mit Ende März zu stoppen. Zugleich wird an die Tiwag appelliert, neuerlich Gespräche mit der AK zu führen, damit es zu keinen rechtlichen Auseinandersetzungen komme. „Natürlich sind wir dafür immer offen, am Ende sollte ein günstigerer Strompreis rauskommen“, betont AK-Präsident Erwin Zangerl. Freitag kündigte er noch an, die Massenkündigungen mit einer Verbandsklage rechtlich prüfen zu lassen.

Tiwag-Chef unter Druck

Dass zwei Tiwag-Vorstände – darunter Vorstandsvorsitzender Erich Entstrasser – früher als geplant bereits im Jänner ausgeschrieben werden, löste Freitag ebenfalls Debatten aus. Der Druck auf Entstrasser steigt. Für FPÖ-Chef Markus Abwerzger soll er von sich aus Platz machen, „aber offenbar ist er nicht bereit, die Zeichen der Zeit zu erkennen“. Der grüne Klubchef Gebi Mair spricht von einer gefährlichen Drohung, die Tiwag-Spitze noch ein Jahr weiterwursteln zu lassen. „Wenn man sich anschaut, welchen Schaden sie binnen eines Jahres angerichtet hat.“ NEOS-Chef Dominik Oberhofer fragt sich, wie es die ÖVP jetzt tatsächlich mit Entstrasser halte. „Wenn das Vertrauen fehlt, dann ist die Tiwag-Führung sofort abzuberufen.“

Anders Liste-Fritz-Klubchef Markus Sint, der LH Anton Mattle in die Pflicht nimmt. „Eine vorzeitige Absetzung kostet erstens Hunderttausende Euro Steuergeld und wird zweitens nichts Wesentliches ändern.“ Vielmehr sei die Zeit für Mattles Ausreden vorbei, es benötige klare Linien und Vorgaben des Eigentümers. Darüber wird, wie FPÖ-Chef Markus Abwerzger gegenüber der TT bestätigt, in einem Sonderlandtag im Jänner diskutiert. „Das haben wir fixiert.“

Klare Worte findet auch Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer. Er hält an der im Sommer von ihm am Landesenergieversorger und dessen Preisgestaltung geübten Kritik fest. „Die Menschen im Land müssen einen Vorteil von der heimischen Stromerzeugung haben -nur dann schaffen wir auch Verständnis und Bereitschaft zum Mitwirken an der notwendigen Energiewende durch Wasserkraft.“ Der „nicht zu leugnende Vertrauensverlust“ der Tiwag muss für ihn bei der Neuaufstellung des Vorstands wiedergutgemacht werden: „Von der mangelhaften Kommunikationskultur rund um Strompreissteigerung und -senkung bis zum jüngsten Aufkündigen von Verträgen: Ich verstehe den Unmut. Deshalb werde ich dem einen oder anderen bisherigen Vorstandsmitglied auch keine Träne nachweinen.“

Tiroler Tageszeitung

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