Das große Warten auf erneuerbare Energie

19. Jänner 2024

Geduldsspiel. Das Sanierungsprojekt des Kraftwerks Rosenburg wird neu eingereicht. Die Gründe, warum manche Wasserkraft- oder Windenergieprojekte jahrelang nicht umgesetzt werden, sind vielschichtig

Im Jahr 2002 war Wolfgang Schüssel Bundeskanzler von Österreich, der Film Ocean’s Eleven lief in den Kinos und das Netzwerk Facebook war noch gar nicht gegründet. Und seit damals plant die EVN eine Erneuerung des Wasserkraftwerks in Rosenburg. Denn das Hochwasser hatte damals die komplette Wehranlage weggerissen. Der Fall zeigt, wie schwierig es manchmal ist, Projekte der erneuerbaren Energie umzusetzen und wie lange der Weg bis zur endgültigen Fertigstellung ist.

Dabei ging man vonseiten der EVN – wie der KURIER berichtete – heuer von einem positiven Bescheid nach der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) beim Kraftwerk Rosenburg aus. In einer UVP werden unterschiedliche Auswirkungen auf die Umwelt, die durch das Vorhaben entstehen können, untersucht und eine Abschätzung abgegeben. Wie Stefan Zach, Sprecher der EVN erklärt, wollte man aber die erwarteten jahrelangen Streitereien vor Gericht vermeiden. Man ging von etlichen Beeinspruchungen aus und entschied sich dafür, „nur“ ein Sanierungsprojekt einzureichen.

13 Jahre Debatte

Warum das aus jetziger Sicht ein sinnvoller Schritt ist, zeigt ein ganz ähnliches Projekt, das die EVN in Ferschnitz an der Ybbs (Bezirk Amstetten) plant. Der Unterschied: Dort gibt es noch kein Kraftwerk, es soll erst gebaut werden. Zach erinnert sich, dass die erste EVN-Informationsveranstaltung zu dem Projekt für Anrainerinnen und Anrainer bereits 13 Jahre zurückliegt. Dem Abend gingen damals aber schon mehrere Jahre Planung voraus.

Nach einem erstinstanzlichen positiven Bescheid legte ein Anrainer Beschwerde ein. Ein weiterer positiver Bescheid des Ministeriums folgte. Der Mann ging beim Verwaltungsgerichtshof in Revision. „Alleine da liegen schon vier Jahre dazwischen“, sagt Zach. Etliche weitere Einsprüche folgten. „Bald können wir dieses Projekt vielleicht begraben, weil wir uns vor Gericht herumschlagen müssen.“ Denn steht das Kraftwerk Ende 2027 nicht, verfallen alle Bescheide. Gegen das geplante Kraftwerk ist derzeit noch immer ein Rechtsverfahren offen bzw. ein EU-Mahnverfahren gegen die Republik im Laufen.

Windkraft

Auch im Windenergiebereich weiß Zach von einem „Husarenritt“ zu erzählen. Bei den Windkraftanlagen die in den Weinviertler Gemeinden Gnadendorf und Stronsdorf entstehen sollen, liegt es an den Gerichten, dass das Projekt seit der Volksbefragung 2014 (zwei Drittel stimmten mit „Ja“) noch nicht umgesetzt wurde.
Für die Windkraftanlagen gab es bereits 2016 einen positiven UVP-Bescheid. Die Beschwerden, die dann eingelangt sind, wurden an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) weitergeleitet, die EVN habe daraufhin alle Beschwerden inhaltlich beantwortet.

2018 wurde dann vom Parlament eine Änderung der Schwellenwerte beschlossen, ab der ein Projekt überhaupt durch die UVP muss. So wollte man Projekte eigentlich beschleunigen. Weil aber keine Übergangsfrist für schon in UVP befindliche Projekte beschlossen wurde, bedeutete das wieder Probleme für den Windpark in Gnadendorf.
Die EVN wollte daraufhin eine Lösung mit sogenanntem Chip-Tuning, wodurch die Leistung auf 30,4 MW erhöht werden würde. Das würde an den Anlagen nichts außer der Software ändern, sagt Zach, hätte das Projekt aber über die neue UVP-Schwelle gebracht: „Nachdem das BVwG für jeden Verfahrensschritt Monate bis Jahre gebraucht hat, wies es das vorliegende Projekt nur einen Tag später ab“, beschreibt Zach die Entscheidung als „abenteuerlich“. Nachdem es im März und September 2023 laut Zach „recht konstruktive“ Verhandlungen am BVwG zur Sache gegeben hat, sei man bei der EVN nun wieder zuversichtlich, dass nach über zehn Jahren Projektierung „endlich“ eine positive Entscheidung getroffen wird.

Zach weist in dem Zusammenhang allerdings auch auf die vielen erfolgreichen Energieprojekte hin. Man sei bei der EVN immerhin österreichweit bei der Errichtung von Windrädern unter den Top 3. „Aber man erkennt eben nicht bei jedem dieser Projekte, dass der Klimaschutz ein Anliegen der Republik ist.“

Kurier

Ähnliche Artikel weiterlesen

Volle Wasserkraft voraus

14. Feber 2024

Was Wasserkraft kosten darf

18. Oktober 2023

„Wasserkraft ist die Schlagader unserer Energieversorgung“

20. September 2022
Wasserkraftwerk am Rhein - Iffezheim, APA/dpa

„Wir brauchen jede Kilowattstunde“

6. September 2022, Innsbruck