Energie. Die Preise für selbst erzeugten Sonnenstrom sinken in Österreich rapide. Schuld daran ist auch eine Gesetzesänderung. Wie rentabel ist die Photovoltaikanlage am eigenen Haus noch?
Die Solarenergie boomt. 2023 installierten die Österreicher doppelt so viele Photovoltaikanlagen wie im Jahr zuvor. Doch Anfang 2024 folgte für zigtausende von ihnen das böse Erwachen. Denn die Zeiten, in denen man mit Solarpaneelen am Dach noch das große Geld verdienen konnte, sind vorerst vorbei.
Da der Nationalrat kurz vor Weihnachten die Berechnungsformel geändert hat, zahlt selbst die staatliche Ökostrom-Abwicklungsstelle Oemag heute nur noch einen Bruchteil der Summen für Solarstrom, die vor ein, zwei Jahren noch üblich waren, echauffieren sich Betroffene in den sozialen Medien. Aber ist die Aufregung über die neuen Tarife berechtigt? Und was bedeutet das für die Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen? Ein Faktencheck.
1 Worum geht es genau? Welche Solaranlagenbesitzer sind betroffen?
Betroffen von den niedrigeren Einspeise-Preisen sind rund hunderttausend private Haushalte, die ihren selbst erzeugten Sonnenstrom zu Marktkonditionen an die Oemag verkaufen. Bisher erfolgte die Vergütung auf Basis eines Preises aus dem Vorquartal, den die E-Control ermittelt hat. Dieser lag zuletzt allerdings oft weit von den tatsächlich erzielbaren Börsepreisen entfernt.
Seit der Änderung des Ökostromgesetzes gibt dieser Wert nur noch die Obergrenze für den genauen Einspeisetarif vor. Dieser wird nun erst im Nachhinein anhand der tatsächlich erzielten Spotmarktpreise festgelegt. Für Jänner bis März können Anlagenbesitzer demnach mit 5,78 bis 9,63 Cent je Kilowattstunde (kWh) eingespeister Solarenergie rechnen. Zum Vergleich: Im Jahr 2022, am Höhepunkt der Energiekrise, lagen die Einspeisetarife noch bei bis zu 50 Cent je kWh. Aber auch 2023 sicherte die staatliche Oemag ihren privaten Kunden noch rund 15 Cent je kWh zu.
2 Ist der Preis zu niedrig und die Empörung berechtigt?
Wer mit den Strompreisen von 2022 seine Solaranlage kalkuliert hat, wird angesichts der niedrigeren Einnahmen enttäuscht sein. „Im Wesentlichen ist es aber eine Aufregung über den sinkenden Strompreis am Markt“ sagt Christoph Dolna-Gruber von der Energieagentur. Die von der E-Control ermittelten Durchschnittspreise sanken zwischen Ende 2022 und Ende 2023 von 51 auf gut zwölf Cent je kWh. Die Umstellung der Berechnungsformel für die Oemag-Preise macht da nur einen kleinen Teil des Preisverfalls aus. Für die staatliche Abwicklungsstelle ist die Änderung aber hoch relevant. Denn sie war durch die alte Formel gezwungen, den Haushalten Strom zu massiv überhöhten Preisen abzunehmen, die sie an den Börsen nicht mehr hereinspielen konnte. Die Folge war ein Ansturm der Privaten in das Oemag-System, das entsprechend unter Druck geraten ist.
3 Wird Solarenergie jetzt schlechter gefördert als vorher?
Nein. Wer sich bis Ende 2023 eine Solaranlage auf das eigene Hausdach geschraubt hat, erhielt einen guten Teil der Kosten in Form einer Investitionsprämie vom Bund ersetzt. Ab heuer entfällt stattdessen die Umsatzsteuer auf Solaranlagen von Privatpersonen, was die Errichtungskosten ebenfalls um ein Fünftel senkt. Die Mittel dafür sind 2024 auf eine Rekordhöhe von 650 Millionen Euro gestiegen. Der reine Verkauf der selbst erzeugten Sonnenenergie ist jedoch schon seit Längerem kein Bestandteil der staatlichen Subventionssystems mehr. Solaranlagenbesitzer sind auch nicht an die Oemag gebunden, sie können ihren Strom auch an andere Energieunternehmen abgeben – derzeit allerdings oft zu noch schlechteren Konditionen. Einzelne Anbieter heben sogar eine monatliche Gebühr ein, wenn sie Sonnenstrom abnehmen sollen.
4 Ist die Photovoltaikanlage am Dach nicht mehr rentabel?
Die Solaranlage ist nicht mehr die Cashcow, die sie in der kurzen Zeit der Energiekrise 2022 und 2023 noch war. Ein gutes Geschäft bleibt sie in der Regel dennoch. Die öffentlichen Förderungen sind hoch, die Preise für Solar-Paneele niedrig, Handwerker wieder etwas besser verfügbar. Wie rasch sich die Investition amortisiert, hängt neben dem Strompreis auch davon ab, wie viel Solarenergie die Anlagenbesitzer selbst verbrauchen können.
Wer auf Pump eine überdimensionierte Anlage errichtet hat, wird nun entsprechend lange brauchen, um in die schwarzen Zahlen zu kommen. Wer hingegen einen Gutteil seiner Elektrizität vom Dach selbst verbraucht (die Eigenverbrauchsquote schwankt in Österreich zwischen 20 und 60 Prozent), profitiert stärker von der Ersparnis bei Strom- und Netzkosten und landet meist in acht bis zehn Jahren im Plus. Die E-Control rät Haushalten mit PV-Anlagen zudem, sich Energie-Gemeinschaften anzuschließen, um noch mehr selbst erzeugten Strom selbst verbrauchen zu können und unabhängiger von Marktpreisen zu werden.
von Matthias Auer
Die Presse