EU-Agentur warnt vor katastrophalen Folgen des Klimawandels

11. März 2024, Kopenhagen

Europa muss nach Einschätzung der Europäischen Umweltagentur (EUA) dringende und zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um sich auf „katastrophale“ Folgen des Klimawandels vorzubereiten. Die globale Erwärmung werde extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen, Dürren, Waldbrände und Überschwemmungen selbst „in optimistischen Szenarien verschlimmern und die Lebensbedingungen auf dem gesamten Kontinent beeinträchtigen“, warnte die EUA an ihrem am Montag vorgelegten ersten Bericht.

Wetterextreme seien schon heute „die neue Normalität“, erklärte EUA-Chefin Leena Ylä-Mononen. „Sie müssen zugleich ein Warnschuss sein.“ Der Bericht listet 36 wichtige Klimarisiken für Europa auf. 21 erfordern demnach sofortige zusätzliche Maßnahmen und acht sogar dringendes Handeln. Dazu gehören vor allem Risiken für Europas Ökosysteme, insbesondere in den Meeren und an den Küsten.

Insgesamt nennen die Fachleute fünf große Bereiche, in denen die Klimaentwicklungen existenzielle Bedrohungen darstellen: Ökosysteme, Ernährung, Gesundheit, Infrastruktur sowie Wirtschaft und Finanzen. So beträfen die Risiken, die durch Hitze und Dürre für den Nutzpflanzenanbau entstehen, nicht nur den Süden, sondern auch die Länder Mitteleuropas. „Insbesondere anhaltende und weiträumige Dürren stellen eine erhebliche Bedrohung für die Erträge, die Ernährungssicherheit und die Trinkwasserversorgung dar“, teilte die EUA mit.

Hitze sei das größte und dringendste Klimarisiko für die menschliche Gesundheit, schreiben die Forschenden. Besonders gefährdet sind demnach Menschen, die im Freien arbeiten, ältere Menschen und Personen, die in schlecht isolierten Wohnungen oder in städtischen Gebieten mit starkem Wärmeinseleffekt leben. In Südeuropa entstehe durch Hitze und Dürren zudem ein erhebliches Risiko für die Energieerzeugung und -übertragung.

Die EU-Behörde skizziert in ihrem Ausblick mehrere Szenarien abhängig von der jeweiligen Entwicklung der Treibhausgase. Unter pessimistischen Annahmen werden bis zum Ende des Jahrhundert Tausende Menschen den Hitzetod sterben, bereits im Sommer 2022 seien zwischen 60.000 und 70.000 vorzeitige Todesfälle in Europa auf die Hitze zurückzuführen gewesen. Aktuell sei das Hitzerisiko für die Bevölkerung in Südeuropa bereits jetzt in einer kritische Höhe. Zudem warnte die EUA vor der Wechselwirkung von Hitze und Luftverschmutzung, wobei letzteren laut den Angaben 311.000 vorzeitige Todesfälle im Jahr 2020 zurechenbar war, genannt wurde Feinstaub (PM2.5), Stickstoffdioxid und Ozon.

Viele Meeresökosysteme sind dem Bericht zufolge durch die Erwärmung des Wassers, Sauerstoffmangel und Versauerung massiv in Gefahr – hinzu kommen noch andere vom Menschen verursachte Umweltveränderungen wie Verschmutzung oder Fischerei. „Dies kann zu einem erheblichen Verlust der Artenvielfalt führen, einschließlich Massensterblichkeitsereignissen“, warnt die EUA.

Was die Kosten betrifft, so würden allein die Überschwemmungen von Küstenregionen demnach einen Schaden von jährlich einer Billion Euro übersteigen. Somit seien die Finanzen der EU-Mitgliedstaaten durch die Klimakrise schon in naher Zukunft Risiken ausgesetzt, Wetterextreme können die Steuereinnahmen verringern und die Staatsausgaben erhöhen – schlechtere Kreditratings und damit höhere Kosten für Kredite seien die Folgen. Als aktuelle Beispiele wurden die fiskalischen Folgen der Überschwemmungen in Deutschland im Jahr 2021 und in Slowenien im Jahr 2023 genannt.

Am stärksten gefährdet ist dem Bericht zufolge Südeuropa, wo demnach Brände, Wasserknappheit und Hitze drohen – und deren Auswirkungen auf Landwirtschaft, Arbeit und Gesundheit. Ebenso bedroht sind auch flache Küstenregionen, etwa durch Überschwemmungen, Erosion und das Eindringen von Salzwasser. Doch auch die anderen Teile des Kontinents müssen sich laut der EUA auf Klimarisiken vorbereiten, wie zuletzt etwa die Überschwemmungen in Deutschland oder Waldbrände in Schweden verdeutlicht hätten.

Europa ist laut EUA der sich am schnellsten erwärmende Kontinent. Seit den 1980er-Jahren war die Erwärmung auf dem europäischen Festland demnach etwa doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt. Die EU-Kommission wird ihre Antwort auf den Bericht am Dienstag veröffentlichen. Die EUA forderte die EU-Staaten dazu auf, die Klimarisiken anzuerkennen und noch ehrgeizigere Maßnahmen zur Anpassung an diese Risiken zu ergreifen. „Wir müssen mehr tun und eine stärkere Politik machen“, mahnte Ylä-Mononen.

EUA-Bericht unter https://www.eea.europa.eu/de/highlights/europa-ist-nicht-auf-die

APA/ag

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