„Niemand darf in einer dunklen, kalten Wohnung zurückgelassen werden“

21. März 2024

SPÖ-Energiesprecher Schroll macht Zustimmung zum E-Wirtschaftsgesetz von Sozialtarif für Kunden abhängig

Energiewende. In seltener Einigkeit sahen Montagabend Vertreter der Stromwirtschaft, Energieministerin Gewessler und die Energiesprecher aller fünf Parlamentsparteien eine gewisse Dringlichkeit, das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) zu beschließen.

Es gehe angesichts des Umbaus der Stromerzeugung – weg von den fossilen Kraftwerken, hin zu den Erneuerbaren wie Wind und PV – und angesichts des Ausbaus der Stromnetze um ein neues „Betriebssystem“ des Strommarktes. „Wir stehen mitten in der größten Transformation, die der Energiesektor gesehen hat“, sagt Michael Strugl, Vorstandsvorsitzender vom Energiekonzern Verbund und Präsident des Dachverbandes Oesterreichs Energie (OeE).
Bis 2040 müsse die Stromerzeugung auf das doppelte des heutigen Niveaus ansteigen. Da erneuerbare Energien tendenziell volatil und nicht grundlastfähig sind, müsse dafür die Kapazität gar verdreifacht werden. Notwendig sei deshalb ein gewaltiger Investitionsschub. Konkret müssten bis 2030 insgesamt 60 Milliarden Euro in Erzeugungskapazitäten, Verteiler- und Übertragungsnetze investiert werden.

Von größtem Interesse war an diesem Abend aber, wie Freiheitliche und Sozialdemokraten das ElWG sehen – denn die Regierungsparteien benötigen wie für fast alle Energiegesetze noch die Stimmen einer der großen Oppositionsparteien.

Überraschend war dabei zuerst das Statement vom Abgeordneten Gerhard Deimek von der FPÖ: „Der Begutachtungsentwurf hat uns positiv überrascht und schaut vernünftig aus“, erklärte der Freiheitliche. Wesentlich sei, dass die Verfügbarkeit, die Versorgungssicherheit, die Preise für Erzeuger und Kunden als auch der Ausbau der Erneuerbaren in einem vernünftigen Verhältnis blieben.

Tatsächlich haben die Freiheitlichen in dieser Legislaturperiode noch bei keinem Energiegesetz zugestimmt – dafür aber die Sozialdemokraten. Energiesprecher Alois Schroll sah das Gesetz grundsätzlich positiv, es gebe aber noch sehr viel Gesprächsbedarf, ihm fehle vor allem, dass die Energiewende deutlich sozialer gestaltet sein müsse.
„Wir haben eine Grundversorgung, davon steht aber noch nichts in der Regierungsvorlage“, sagt Scholl zum KURIER. Derzeit tage zur Frage eines Sozialtarifs und wie dieser ausgestaltet sein soll, eine Arbeitsgruppe. Ministerin Gewessler bat, deren Ergebnis abzuwarten. „Für die Sozialdemokratie steht jedenfalls fest, dass mit der Reform niemand zurückgelassen werden darf, niemand in einer finsteren oder nicht beheizten Wohnung übrig bleiben soll. Die Grundversorgung muss für alle leistbar und sicher sein.“ Das, so Schroll weiter, sei ein zentraler Punkt seiner Forderungen, es gebe aber noch einige weitere.

Derzeit werden die Stellungnahmen in den ElWG-Entwurf eingearbeitet, dann erst können die Parlamentarier die Verhandlungen aufnehmen. Der grüne Energiesprecher Lukas Hammer hofft, das Gesetz in der letzten Sitzung vor der Sommerpause beschließen zu können.

„Wenn das in dieser Legislaturperiode nicht gelingen sollte, verlieren wir mindestens ein Jahr, und die Zeit haben wir nicht, wenn wir die Energiewende erreichen wollen“, meinte abschließend auch OeE-Generalssekretärin Barbara Schmidt.

Kurier

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