„Wollen grüne Energie, nicht teure Energie“

26. April 2024

Der Wifo-Chef und die Deutsche Handelskammer in Österreich machen Front gegen hohe Energiepreise. Diskussion über 41-Stunden-Woche sei verfehlt.

Wenn die gemeinsame Sprache Deutschland und Österreich trennt, dann ist die enge Wirtschaftsverflechtung der Kitt zwischen ihnen. Das gegenseitige Exportvolumen ist mit 163,5 Milliarden Euro 2023 allerdings um zwölf Milliarden Euro oder acht Prozent eingebrochen. Der Rückgang spiegelt vor allem Österreichs Rückkehr zum russischen Gas wider. Die Öl- und Gaslieferungen, die Österreich 2022 nach Beginn des russischen Angriffskriegs in großen Mengen über Deutschland importierte, fielen völlig zurück. Hohe Energiekosten blieben. Sie sind in beiden Ländern eine Achillesferse für die Wettbewerbsfähigkeit.

Über die deutsch-österreichische Achse soll jetzt Druck aufgebaut werden, um die Preise herunterzubekommen. Ein erster Akt könnte die Rücknahme der deutschen Gasspeicherumlage sein, die Importe verteuert. „Die führt dazu, dass Österreich kostenmäßig in russisches Gas reingetrieben wird“, so Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. DHK-Geschäftsführer Thomas Gindele zufolge laufen dazu „intensive Gespräche“. Gindele: „Da scheinen sich Lösungen abzuzeichnen.“
Wer etwa Batteriezellenfertigung in Europa wolle, „muss sich intensiv engagieren für den Ausbau der erneuerbaren Energien“, so Österreichs DHK-Präsident Hans Dieter Pötsch. Der mächtige Aufsichtsratsvorsitzende der Volkswagen AG und Vorstandsvorsitzende der Porsche SE pocht auf eine stärkere Kooperation in der Energieversorgung und fordert Bürokratieabbau mit digitalen Lösungen, sodass einmalige Datenerhebung überall in der EU gelte.

„Wir dürfen in Europa nicht zur Höchstpreiszone werden“, urgiert Felbermayr die Schaffung eines gemeinsamen EU-Energiemarktes und einer Kapitalmarktunion. „Wir wollen grüne Energie, nicht teure Energie“, so Felbermayr, „es ist wichtig, dass die neue EU-Kommission das verinnerlicht.“

Schnell umsetzbar sei eine Änderung der Merit-Order, der zufolge etwa für die Stromproduktion eingesetzte Gaskraftwerke den Strompreis bestimmen. Die geringen Produktionskosten aus Wind, Sonne und Wasserkraft „müssen allen Verbrauchern zum Vorteil gereichen“, so der Wifo-Chef, auch wenn das Milliardengewinne in der Energiewirtschaft vernichte. Im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit sei „die Energie der mächtigere Hebel als die Personalkosten“. Kosten für den Netzausbau dürften nicht voll auf Preise umgelegt werden. Das Ende des Gas-Transitvertrages über die Ukraine ab 2025 ist laut Felbermayr „kein Anlass für Katastrophenstimmung“. 2022 sei gelungen, notwendige Mengen nach Österreich zu bringen. Jetzt seien die Speicher voll, die Preise seien relativ niedrig, „wir haben Grund, optimistisch zu sein“.

Diskussionen über eine 41-Stunden-Woche halten Pötsch und Felbermayr für verfehlt. „Wenn man 32 Stunden in den Wald hineinruft, kommen 41 zurück“, so Felbermayr. „Wesentlich ist, dass die insgesamt geleisteten Arbeitsstunden im Gleichklang mit dem Bevölkerungswachstum sind.“ Insgesamt müsse man mehr Produktivität hinbekommen, so Pötsch. „Es wäre wünschenswert, wenn die Politik sich bemühen würde, dafür eine Gesamtkonzeptionierung auf den Tisch zu legen.“

Zwölf Prozent der gesamten österreichischen Wirtschaftsleistung kommen übrigens aus den Geschäften mit Deutschland. 4501 deutsche Unternehmen beschäftigen in Österreich rund 360.000 Mitarbeiter.

von Claudia Haase

Kleine Zeitung

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