Geothermie in Zahlen
Aller guten Dinge sind vier: Land präsentiert Geothermie-Studie. Eine Hürde könnten die Kosten sein.
Paris und etliche andere Regionen machen es schon. In der französischen Hauptstadt heizen aktuell rund 250.000 Haushalte mit heißem Wasser aus der Tiefe. In und um München betreiben die Stadtwerke sechs Geothermiekraftwerke. In Wien wurden Ende 2022 Pläne für die erste Anlage präsentiert. Auch Vorarlberg könnte auf einem solchen Schatz sitzen. Eine neue Studie hat zwei Hoffnungsgebiete ausgemacht.
Das Ziel des Landes Vorarlberg ist klar: Bis spätestens 2050 soll die Energieversorgung auf erneuerbare Energieträger umgestellt sein. „Damit das möglich wird, brauchen wir zusätzliche Energieträger“, erläutert Energielandesrat Daniel Zadra. In den vergangenen Monaten haben Experten daher alle im Land verfügbaren Energieträger analysiert. Nach der Biomasse-, der Bodenseewasser- und der Abwärme-Studie wurde am Montag im Landhaus in Bregenz die vierte und letzte Studie, die Geothermie-Studie, präsentiert.
90 Grad plus
Bei der Geothermie wird über eine mehrere Kilometer tiefe Bohrung heißes Wasser an die Oberfläche gepumpt und durch einen Wärmetauscher geleitet. Die Wärme, die dem Wasser dabei entzogen wird, kann direkt in das Fernwärmenetz eingespeist werden. Das kalte Wasser kommt wieder zurück in den Untergrund. Neben genügend Wasser und kurzen Transportwegen zu den Abnehmern ist vor allem die Temperatur entscheidend. „Zirka 90 Grad für die Fernwärme, ab 120 Grad zahlt es sich auch aus, Strom zu erzeugen“, führt Studienautorin Magdalena Bottig von GeoSphere Austria aus. In Vorarlberg wäre nach bisherigen Erkenntnissen eine wirtschaftliche Erschließung in zwei Zonen möglich, im Raum Bregenz und im Raum Feldkirch. Laut einer theoretischen Studie aus dem Jahr 2014 könnten dort bis zu 300 Gigawattstunden (GWh) Energie erzeugt werden. „Das entspricht etwa der derzeitigen Biomasse-Versorgung“, rechnet Daniel Zadra vor. Magdalena Bottig berichtet von einer weiteren Studie aus Liechtenstein, wonach man in vier Kilometern Tiefe auf zirka 130 Grad heißes Wasser trifft. Bei Bohrungen im Rahmen der Kohlenwasserstoffexploration in den 1960er- und 1970er-Jahren habe man außerdem an einigen Stellen Temperaturen von über 130 Grad festgestellt. Die GeoSphere-Geologin sieht in Vorarlberg „definitiv ein Potenzial, wo es sich lohnt, es weiterzuverfolgen.“ Doch es gibt auch eine Hürde. „Das große Problem der Geothermie ist, dass ein relativ langer Weg beschritten werden viel Geld investiert werden muss, bevor man Klarheit hat, ob man fündig wird“, sagt Magdalena Bottig. Eine 3D-Seismik auf 50 Quadratkilometern kostet demnach zwei bis drei Millionen Euro, eine Bohrung, die fünf Kilometer tief ist, 15 bis 17 Millionen Euro.
Mehrere Schultern
Zadra schreckt das nicht ab. Neue Energieformen würden immer Anfangsinvestitionen bedürfen, meint er. „Ich bin überzeugt, dass wir in Vorarlberg das nötige Kapital haben. Es wird nicht das Land allein machen, aber auf mehrere Schultern aufgeteilt, glaube ich, kann man das Geld aufstellen“. Geo¬Sphere hat dem Land unter anderem empfohlen, sich mit Nachbarländern auszutauschen und die 3D-Seismik an Standorten zu messen, an denen man auch die Möglichkeit zum Bohren hat. Die erste Fachexkursion ist bereits geplant. Im Juni geht es in die 9000-Einwohner-Gemeinde Pullach im Isartal in Bayern, die seit 2004 auf Geothermie setzt. „Der Sektor Gebäude ist jener Sektor, der nach wie vor am meisten Energie verbraucht“, ergänzt Christian Vögel, Leiter des Fachbereichs Energie und Klimaschutz beim Land. Ziel sei, die Fernwärme bis 2030 gegenüber 2018 zu verdoppeln. Der Hauptenergieträger ist bis dato die Biomasse. vn-ger
300 GWh: so viel Geothermie-Potenzial hat eine Studie im Jahr 2014 für Vorarlberg prognostiziert. 130 Grad warm soll das Wasser in vier Kilometern Tiefe sein. 90 Grad werden für die Fernwärme benötigt. Ab 120 Grad zahlt es sich auch aus, Strom zu erzeugen.
Tiroler Tageszeitung