Energieversorger müssen hohe Preise künftig rechtfertigen

22. Mai 2024

Wettbewerb. Sondergesetz soll für niedrigere Preise von Haushaltsenergie sorgen Alma Zadić Justizministerin (Grüne)

Die Bundesregierung will mit einem Sondergesetz für niedrigere Preise am Energiemarkt sorgen. Ein Initiativantrag wurde am Donnerstag eingebracht, das Vorhaben soll noch vor der Sommerpause im Nationalrat beschlossen werden.

Ziel sei, „potenziellen Preismissbrauch marktbeherrschender Energieversorgungsunternehmen“ zu verhindern, so Justizministerium und Klimaschutzministerium in einer Aussendung. Konkret sollen diese keine Angebote machen dürfen, die „ungünstiger sind als diejenigen anderer Versorgungsunternehmen oder von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten“.

Betroffen sind leitungsgebundene Energieträger, also Strom, Gas und Fernwärme. Damit zielt die Regierung mutmaßlich vor allem auf die Landesenergieversorger ab. Denn diese haben in ihren jeweiligen Netzgebieten bei Strom Marktanteile von 60 Prozent aufwärts, in einigen Bundesländern sogar von mehr als 90 Prozent.

Branche warnt

In der Energiebranche ruft das Vorhaben wenig Begeisterung hervor. Von einem fehlenden Wettbewerb könne bei 130 Lieferanten im Markt keine Rede sein, sagt Christian Zwittnig, Sprecher der Branchenvertretung Oesterreichs Energie. Den Kunden stehe es schließlich frei, Anbieter zu wechseln.

Im Kern der neuen Regelung steht die Beweislastumkehr in Kartellverfahren. Bisher müssen die Wettbewerbshüter den Unternehmen einen Marktmissbrauch nachweisen, künftig sollen stattdessen die Energieversorger nachweisen, dass ihre Preise gerechtfertigt sind.

Während die Regierung argumentiert, dass dadurch der Wettbewerb gestärkt werde, steht andererseits die Befürchtung, dass das Gegenteil eintreten könnte, wenn die Unternehmen in ihren Entscheidungen stark eingeschränkt werden.

Denn erstens haben diese unterschiedliche Voraussetzungen: etwa, ob sie die Energie für ihre Kunden im Großhandel einkaufen, oder ob sie eigene Kraftwerke betreiben und auf welche Technologien sie dabei setzen. Auch verfolgen die Unternehmen unterschiedliche Strategien, etwa ob sie langfristig oder kurzfristig ein- und verkaufen, wie sie sich gegen Preisverwerfungen absichern oder welche Angebote sie Kunden machen. Setzen sie zum Beispiel auf möglichst niedrige Verbraucherpreise, oder machen sie Angebote mit Preisgarantien.

„Man müsste wahrscheinlich sehr tief in die Unternehmen hineinschauen“, um festzustellen, ob die jeweilige Preisgestaltung gerechtfertigt ist, sagt Zwittnig zum KURIER. Und selbst dann sei fraglich, wie ein Nachweis erbracht werden kann. Denn Entscheidungen, etwa im Energiehandel, könnten im Nachhinein anders beurteilt werden. Zudem müsse es Unternehmen möglich bleiben, Gewinne zu erzielen, auch, um ihre Investitionen in die Energiewende zu finanzieren.

Folge der Energiekrise

Der Markt habe „eine Zeit lang schlecht funktioniert“, räumt Zwittnig ein, allerdings aufgrund einer gezielten Verknappung des Angebots durch Russland. Staatliche Eingriffe wären bei solchen externen Schocks notwendig, nicht aber bei normal funktionierenden Märkten.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hingegen argumentiert, dass mit dem Sondergesetz die Position der Konsumentinnen und Konsumenten gestärkt werde, auch in Zeiten ohne Marktverwerfungen. Das Ministerium verweist auf Nachfrage des KURIER auf Deutschland. Dort seien im ersten Jahr nach Einführung einer solchen Regelung 35 Verfahren gegen Energieversorger eingeleitet worden.

„Mit der Verschärfung sorgen wir dafür, dass Missbrauch im Energiemarkt verhindert werden kann“
Alma Zadić Justizministerin (Grüne)

Kurier

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