EU-Energieminister beraten zu Ausstieg aus russischem Gas

31. Mai 2024, Brüssel
Für Österreich nimmt Energieministerin Gewessler teil
 - Wien, APA/EVA MANHART

Wie kann Europa seine Abhängigkeit von russischen Energieimporten verringern und den Ausbau von erneuerbaren Energien vorantreiben? Diese Frage zog sich wie ein roter Faden durch die Diskussionen der EU-Energieministerinnen und -minister am Donnerstag in Brüssel. Beim Ziel herrscht weitgehend Einigkeit, bei der Umsetzung weniger. Zumindest bei der langfristigen Versorgung mit sauberem Wasserstoff machten Österreich, Deutschland und Italien einen gemeinsamen Schritt vorwärts.

Die drei Staaten unterzeichneten am Rande des Energierates eine gemeinsame Absichtserklärung zum Aufbau des sogenannten „Südlichen Wasserstoff Korridors“ (Southern Hydrogen Corridor). Es handelt sich dabei um eines von fünf Pipeline-Projekten, die bis 2030 den Import von 10 Millionen Tonnen an erneuerbarem Wasserstoff ermöglichen sollen, heißt es in einer Aussendung. Der südliche Korridor soll Wasserstoff aus dem Norden Afrikas, über Italien nach Österreich und Deutschland bringen.

Im Vorfeld des heutigen Energierates waren es vor allem Deutschland und Tschechien, die die Unabhängigkeit von russischen Gasimporten zum Topthema des Ministertreffens machten. Sie drängen auf einen kompletten Ausstieg der EU-Staaten aus russischen Energie-Importen. Die EU hat sich dieses Ziel mit Blick auf Gas aus Russland bis 2027 gesetzt.

Österreich gehört mit Ländern wie Ungarn zu den noch am stärksten von Russland abhängigen Staaten. Noch im März betrug der Anteil russischer Gasimporte an den gesamten Gaseinfuhren in Österreich 93 Prozent, wie aus dem Ministeriumsdashboard energie.gv.at hervorgeht.

Dies könnte sich aber mit Jahresende schlagartig ändern, wenn die Ukraine, wie angekündigt, den Transitvertrag mit dem russischen Gasversorger Gasprom beendet. Dann würde kein Gas mehr durch das Land von Russland nach Europa – und damit auch nach Österreich – fließen. „Deshalb müssen wir raus aus russischen Gaslieferungen und das so schnell wie möglich“, beteuerte Österreichs Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) in Brüssel gegenüber Journalisten.

Die Frage, inwiefern noch versucht werde, die Ukraine hier umzustimmen, beantwortete die Ministerin nur indirekt: „Wir haben einen Fokus, den wir haben müssen: Das ist die Unabhängigkeit von Russland.“ Sie verwies auf das jüngst von ihr vorgelegte Diversifizierungspflicht-Gesetz, mit dem der Anteil russischer Gasimporte bis 2027/28 auf Null gesenkt werden soll. Ihr Koalitionspartner ÖVP hatte sich aber bereits ablehnend zum dem Vorschlag geäußert.

Leichter dürften die Pläne der Ministerin zumindest durch eine Ankündigung der deutschen Regierung werden. Demnach will Berlin seine Gasspeicherumlage an den Grenzübergängen mit Jahresende aufheben. Dadurch dürfte nicht-russisches Gas, das Österreich neben Italien vorrangig über Pipelines aus Deutschland erreicht, billiger werden.

Um von russischem Gas und fossilen Brennstoffen im allgemeinen loszukommen, setzen aber nicht alle Länder nur auf Erneuerbare. Finnlands Umweltminister Kai Mykkänen betonte am Donnerstag gegenüber Journalisten, dass sein Land ohne Atomenergie nicht so unabhängig von Russland hätte werden können. „Ich ermutige alle dazu, den Prozess (der Entkopplung von russischen Gasimporten; Anm.) zu beschleunigen und auf saubere Energiequellen zu wechseln. Im finnischen Fall gehört auch Nuklearenergie dazu.“ Es sei Österreichs Entscheidung, nicht auf Atomenergie zu setzen. „Ich sage nur, das Gas sicherlich nicht die einzige Option ist und ich ermutige dazu, andere Quellen zu finden“, so der Finne.

APA