Wissenschafter sehen Handlungsbedarf bei Stahl-Recycling

20. Juni 2024, Wien
Schrott wird zur Ressource
 - Hamburg, APA (dpa)

In Österreich ist die Stahlproduktion für 16 Prozent der bundesweiten CO2-Emissionen verantwortlich, weltweit sind es 7 Prozent. Das rechnete heute das Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII) und der Complexity Science Hub (CSH) vor und erinnert daran, dass in Übereinstimmung mit den EU-Klimazielen bis 2050 EU-weit 80 bis 95 Prozent der CO2-Emissionen in der Stahlproduktion eingespart werden sollen. Schrott werde daher zu einer strategischen Reserve.

„Eine wichtige Maßnahme zur Erreichung dieser Vorgaben ist die Umstellung auf eine grünere Technologie bei der Stahlherstellung“, erklärte dazu ASCII-Direktor und CSH-Wissenschafter Peter Klimek. Ein Schlüsselelement bei der Umstellung sei der Ersatz konventioneller, kohlenstoffintensiverer Sauerstoffeinblasöfen durch strombetriebene, elektrische Lichtbogenöfen. In diesen könne Schrott zur Herstellung von Stahl verwendet werden. So werde Abfall zur Ressource.

Dafür müsse aber auch genug Schrott und die notwendige Infrastruktur für den Transport vorhanden sein. „Um 1.000 Tonnen Stahl zu produzieren, muss mit einem jährlichen Anstieg der Schrotteinfuhren um 550 Tonnen und einem Rückgang der jährlichen Ausfuhren um 1.000 Tonnen geplant werden“, rechnete der Wissenschafter in einer Aussendung vor.

China hat seine Lehren gezogen

Beim weltweit größten Stahlproduzenten China seien Änderungen in den Handelsströmen bereits bemerkbar. „In den letzten Jahren haben sich die Schrotthandelsströme dort weitestgehend vom Weltmarkt entkoppelt. Zur gleichen Zeit setzen viele Länder in Europa derzeit auf Schrottexport und laufen dadurch Gefahr, sich von einem wertvollen Rohstoff für ihre eigene Industrie zu trennen“, erklärte Klimek.

Demnach könnten durch jedes zusätzliche Schrottunternehmen in der EU etwa 79.000 Tonnen Stahl mithilfe von Elektrolichtbogenöfen produziert werden. „Wenn wir diesen Wert weiterdenken, könnten einige hundert neue Unternehmen erforderlich sein, die unseren Berechnungen zufolge wiederum rund 35.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen könnten“, so CSH-Präsident Stefan Thurner. Geplant sei nun ein gemeinsames Projekt zwischen dem ASCII und dem Complexity Science Hub mit dem Linzer Stahlkonzern voestalpine.

APA