In Prag versammelten sich Ausbau-Gegner zur „Nuclear Energy Conference“
Vladimir Spidla war von 2002 bis 2004 tschechischer Ministerpräsident – in der Zeit, als das AKW Temelin gerade ans Netz gegangen war und die Aufregung in Österreich besonders groß war. Anschließend war Spidla sechs Jahre lang EU-Kommissar (zuständig für Beschäftigung und soziale Fragen).
Bei der Nuclear Energy Conference (NEC), zu der tschechische Anti-Atom-Organisationen diese Woche nach Prag geladen haben, sprach sich Spidla gegen den Bau von vier neuen Atomreaktoren in Tschechien aus.
Das seien „Luftschlösser, für die wir weder die Finanzen noch die Zeit haben“, sagte Spidla. Die Zukunft liege bei Erneuerbaren Energien. Allenfalls der Bau von zwei Reaktoren (teils um alte zu ersetzen) könnte unter Umständen als Überbrückungstechnologie Sinn ergeben.
Zu einem ähnlichen Schluss kommt eine Studie der NGO „Fakten zum Klima“, die dieser Tage in tschechischen Medien publiziert wurde. Demnach sei der Ausbau von Windkraft die beste Möglichkeit, auch in Jahrzehnten günstigen Strom zu produzieren. „Der Effekt durch den Ausbau der Atomenergie ist nicht eindeutig. Dieser hängt sehr davon ab, ob es gelingt, die Kosten des Reaktorbaus unter Kontrolle zu halten“, heißt es in der Studie. Der Bau eines oder zweier Reaktorblöcke könnte aber als Risikominderung dienen, sollte der Ausbau von Windkraft nicht rasch genug erfolgen.
Kaineder eröffnete Konferenz
Darauf, dass bei den jüngsten Atom-Ausbauprojekten in Europa (siehe Ausgliederung) Zeit- und Kostenplan nie hielten, wiesen bei der Konferenz Anti-Atom-Aktivisten aus Frankreich und den USA hin. Oberösterreichs Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne) sagte zur Eröffnung der Konferenz, die jährlich abwechselnd in Prag und Linz stattfindet, dass die Transformation zu Klimaneutralität nicht zu einem Wiedererstarken der Atomlobby führen dürfe.
Letztlich dürfe man sich nicht auf „die veraltete und schwerfällige Kernkraft“ verlassen, sagte auch Vladimir Spidla. Ihr Nein zum Ausbau der Atomkraft auch unter dem Aspekt der Budgetbelastung bekräftigte bei der Konferenz die Chefin der tschechischen Grünen, Magdalena Davis.
Politisches Gewicht haben in Tschechien derzeit aber weder die Sozialdemokraten, denen Spidla angehört, noch die Grünen. Die Sozialdemokraten sind seit 2021 nicht mehr im tschechischen Parlament vertreten, die Grünen seit 2012 nicht mehr.
Oberösterreichische Nachrichten