Energiebranche steht unter Strom wegen Polit-Patt

4. Juli 2024, Innsbruck

Dringender Ruf nach den in der Warteschleife befindlichen Energie-Gesetzen. APG investiert 9 Mrd. Euro in den Netzausbau bis 2034.

Alles ruft nach der Klimawende und nach günstigerer, nachhaltiger Energie. Um bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden und sämtliche fossilen Energieträger in allen Bereichen zu kompensieren, müsse die gesamte Stromproduktion Österreichs aus Wasserkraft, Sonnenenergie, Windkraft und Biomasse bis dahin nahezu vervierfacht werden, sagt der Sprecher der Austrian Power Grid (APG), Christoph Schuh, gegenüber der TT. Die APG ist eine unabhängig agierende 100-Prozent-Tochter des teilstaatlichen Verbunds und der Betreiber des Übertragungsnetzes Österreichs (mit Hochspannungsnetz, mehreren Umspannwerken und Netzschaltanlagen).

Laut Schuh brauche es dazu einen Schulterschluss von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialpartnern aller politisch Verantwortlichen sowie einen Gesamt-Masterplan, wie dies alles geschehen soll. Die Produktion müsse ebenso massiv ausgebaut werden wie die Netze, die Speichermöglichkeiten und die Digitalisierung. „Und klar ist: Das muss alles gleichzeitig passieren.“ Für die Speicherung seien auch mehr Pumpspeicherkraftwerke nötig, sagt Schuh.

Verständnis für Leitungen

Windräder, Solaranlagen und Stromleitungen müssten als positives Symbol gesehen werden wie einst der Farbfernseher, so Schuh. Das sei lange nicht der Fall gewesen, aber Preisschocks, der Ukraine-Krieg, der Klimawandel und die Standort-Ängste hätten hier das nötige Verständnis doch gesteigert.

In den letzten Jahren habe Österreich leider Milliarden an Euro verloren, weil man wegen der zu schwachen Netze zu wenig günstigen Strom aus dem Ausland habe transportieren können.

Es sei erfreulich, dass das Klimaministerium die Notwendigkeit des von der APG vorgelegten Netzausbau-Programms bestätigt habe, so Schuh. Damit sei das öffentliche Interesse klar. Um die für die Energiewende nötigen beschleunigten Verfahren und gewaltigen Investitionen umsetzen zu können, brauche es aber dringend noch die erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen. Das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) und das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ELWG) müssten „endlich auf den Weg gebracht werden, das ist ein Hilferuf der ganzen Branche“. Wegen der bevorstehenden Wahl drohen aber die Vorhaben, denen für eine Zweidrittel-Mehrheit auch ein Teil der Opposition zustimmen müsste, auf die lange Bank geschoben zu werden.

Großinvestitionen in Tirol

Die APG selbst hat laut Schuh eine Vielzahl an Projekten in der Pipeline. Bis zum Jahr 2034 will man 9 Mrd. Euro in den Aus-und Umbau der Strominfrastruktur investieren. So soll die Zahl der Trafos und Umspannwerke massiv erhöht werden. Ein beträchtlicher Teil der Investitionen soll mit 671 Mio. Euro davon auch in Tirol rollen. Projekte sind (schon realisiert oder geplant) das Umspannwerk Nauders und das Reschenpassprojekt, die Hochtemperaturbeseilung Zell/Ziller, die Südverbindung Lienz sowie die Ausbauten der Umspannwerke Westtirol, Prutz und Matrei. Von Kärnten wird im Rahmen eines 2,7-Milliarden-Projekts eine Leitung bis nach Lienz ausgebaut.

Tiroler Tageszeitung

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