Suche nach Alternativen für die Durchleitung von russischem Gas läuft.
Das Auslaufen des Gastransitvertrags zwischen dem ukrainischen Gasversorger Naftogaz und dem russischen Gaskonzern Gazprom Ende 2024 beschäftigt nicht nur die heimische Industriellenvereinigung (IV). Die IV hat die Politik wiederholt aufgefordert, Verhandlungen über die Fortsetzung der Durchleitung mit der Ukraine aufzunehmen – bisher mit wenig Erfolg. Auch die EU-Kommission, die laut „Handelsblatt“ mit den Ländern, die nach wie vor viel russisches Gas importieren, in Kontakt ist, soll abgewinkt haben.
Im Hintergrund suchen aber offenbar vor allem die Slowakei und Ungarn eine Lösung, um auch 2025 russisches Gas in die EU zu bringen, nachdem Kiew eine Vertragsverlängerung nach dem russischen Angriff ausgeschlossen hatte. Die Ideen, die diskutiert werden: Ein EU-Unternehmen soll die Durchleitung von russischem Gas durch die Ukraine übernehmen. Oder Gas aus Aserbaidschan, das bisher nach Russland geflossen ist, könnte stattdessen an Europa verkauft werden.
„Das wäre Etikettenschwindel“, sagt Walter Boltz, früher Vorstand der E-Control und Energieberater bei der Anwaltskanzlei Baker McKenzie. Er sieht die Chance, dass eine Alternativvariante klappt, „bei unter 30 Prozent“. Es sei rechtlich schwierig, weil unklar sei, wer das Unterbrechungsrisiko in einem Kriegsgebiet übernehmen werde. Zudem wollten bei solchen schwierigen Deals viele mitverdienen und neue Sanktionen der USA seien nicht ausgeschlossen.
Moskau werde eine Umgehungskonstruktion aber sicher versuchen, ist Boltz überzeugt. Für Russland geht es weiter um drei bis vier Milliarden Euro und bis zu 100 Milliarden Kubikmeter Gas mehr, als sie brauchen. Die Ukraine kostet der Ausfall der Transitgebühren etwa eine halbe Milliarde Euro.
Bei den Gesprächsrunden waren nach Informationen der Energieplattform ICIS Unternehmen aus sechs Ländern, darunter Österreich, Italien sowie Slowakei und Ungarn, dabei. Die OMV hat sich laut Boltz wieder zurückgezogen. Dem größten heimischen Gashändler käme es entgegen, wenn Gazprom nicht mehr bis zum vereinbarten Übergabeort an der slowakisch-österreichischen Grenze liefern könnte. Es könnte ein Ausstiegsgrund aus dem Vertrag sein.
Die Gasversorgung wäre derzeit auch ohne russisches Gas möglich. Die OMV hat nach eigenen Angaben vorgesorgt und genügend alternative Kapazitäten, um ihre Kunden zu versorgen. Auch Experten wie Boltz sehen keine Engpässe.
von Monika Graf
Salzburger Nachrichten