Die Preise für elektrische Energie sind gesunken. Das Angebot ist wieder deutlich bunter, damit aber auch unübersichtlicher geworden. Was es zu beachten gilt, um von den neuen Tarifen zu profitieren.
Vor teurem Strom muss sich in Österreich niemand mehr schrecken: Wer trotz zuletzt deutlich gesunkener Preise im Großhandel noch immer 20 Cent je Kilowattstunde (kWh) oder mehr zahlen muss, kann mittlerweile wieder ohne großen Aufwand zu einem günstigeren Anbieter wechseln und sich so auf das Gesamtjahr bezogen einige Hundert Euro sparen. Vor eineinhalb Jahren war die Situation noch eine völlig andere.
In den Monaten nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 haben die Preise für elektrische Energie, ausgelöst durch eine dramatische Verteuerung bei Gas, zu einem beispiellosen Höhenflug angesetzt. Lag der volumengewichtete Strompreis an der Leipziger Börse 2020 noch bei knapp 30 Euro je Megawattstunde (MWh), waren es 2021 bereits 93,4 Euro und 2022 mehr als 230 Euro im Jahresmittel – mit Ausreißern auf über 1000 Euro in einzelnen Stunden.
Welche Rolle spielt Gas?
Gas spielt deshalb in die Bildung der Strompreise hinein, weil elektrische Energie auch in Gaskraftwerken produziert wird. Wenn nicht genügend Strom aus anderen Quellen zur Verfügung steht, müssen zu gewissen Stunden oft vergleichsweise teure, mit Gas befeuerte Kraftwerke zugeschaltet werden, und diese bestimmen dann den Preis für die gesamte Strommenge.
Viele alternative Stromanbieter ohne eigene Erzeugung haben ihre Zelte in Österreich abgebrochen, weil sie nicht mehr kostendeckend arbeiten konnten. Selbst die angestammten Energieversorger, die alle selbst Kraftwerke oder wie Energie Burgenland Photovoltaik- und Windkraftanlagen betreiben, fokussierten auf ihre Kernklientel und warben nicht mehr um überregionale Kunden. Die Auswahl wurde immer überschaubarer, ein Wechsel zu anderen Anbietern lohnte wegen der prohibitiv hohen Preise nicht.
Das ist jetzt anders. Quereinsteiger versuchen seit einiger Zeit, mit attraktiven Preisen wieder Kunden zu gewinnen; auch die angestammten Versorger haben nicht zuletzt auf Druck ihrer Eigentümer, der Länder, in mehreren Schritten die Preise gesenkt. Aktuell listet der Tarifkalkulator der E-Control allein für Wien 37 Anbieter mit 82 verschiedenen Stromprodukten auf, darunter 13 mit dynamischen Tarifen, sogenannten Floatern.
Viele Kunden und Kundinnen von Wien Energie, die im vorigen Sommer zum Optima-Entspannt-Tarif wechselten, fragen sich nun, was sie nach Ablauf der zwölfmonatigen Bindefrist tun sollen. Ähnlich geht es Strombeziehern in anderen Teilen Österreichs. Nichts zu tun sei das Schlechteste, sagen vom STANDARD befragte Experten.
Was empfehlen nun Experten und Expertinnen? Zuallererst sollte man die Preise der Anbieter vergleichen, sei es im Tarifkalkulator der E-Control oder auf einer Vergleichsplattform wie Durchblicker, tarife.at oder Check24. Mittlerweile gebe es auch bei Festpreistarifen mit zwölfmonatiger Bindungsfrist vergleichsweise gute Angebote um knapp zehn Cent je kWh, sagt Johannes Mayer, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft in der E-Control. Wer wolle, könne auch ein Produkt mit variablen Preisen auf Monats- oder Stundenbasis wählen. Diese zeichnen die Entwicklung auf den Großhandelsmärkten nach, die Monatsfloater geglättet von Monat zu Monat, die Floater auf Stundenbasis fast eins zu eins.
Diese zahlten sich aus, wenn man den Stromverbrauch im Haushalt in Zeiten mit günstigen oder sogar negativen Strompreisen verlegen kann – sprich die Mittagsstunden. In den Wintermonaten seien die Floattarife tendenziell höher, im Sommer, wenn die Sonne viel scheint und entsprechend viel Solarstrom produziert wird, niedriger. Der Nachteil von Floatern: Die Stromrechnung kann plötzlich hoch ausfallen, wenn die Großhandelspreise – warum auch immer – nach oben schießen.
Beliebte Floatingtarife
Umgekehrt werden auch Preissenkungen sofort spürbar, was bei Fixpreistarifen mit monatlichen festgelegten Teilzahlungen und abschließender Jahresabrechnung mit Guthaben oder Nachzahlungserfordernis nicht der Fall ist. Weil die angestammten Energieversorger vergleichsweise spät Preissenkungen auf den Großhandelsmärkten in Form günstigerer Neukundentarife an ihre Endkunden weitergereicht haben, seien viele erst auf Floattarife aufmerksam geworden.
Zu achten sei auch auf Mindestbindungsfristen der Strom- und auch Gaslieferanten. Überhaupt mache es Sinn, die Preise über mehrere Jahre zu vergleichen, weil hohe Preisrabatte in der Regel nur im ersten Jahr gültig seien. Das könne dazu führen, dass man im zweiten Jahr nach Vertragsabschluss mit deutlich höheren Kosten konfrontiert sei.
Der Standard