Es braucht mindestens zwei für den Energiewende-Tango
Erneuerbaren-Gas-Gesetz – gescheitert an der Zweidrittelmehrheit, Elektrizitäts-Wirtschaftsgesetz – trotz drohender EU Strafzahlungen nicht zur Abstimmung gekommen, Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz – nicht einmal in Begutachtung gegangen…
Die letzten Monate waren keine guten für die Energiewende. Pro forma sind ja alle Parteien im Land für mehr erneuerbare Energie. Hört sich schließlich gut an. Der Lackmustest ist dann der Beschluss notwendiger gesetzlicher Rahmenbedingungen – da hakt es und geht nichts weiter. Die Allianzen der Verhinderer und Verzögerer wechseln, ebenso wie ihre Argumente: Beim Elektrizitätswirtschaftsgesetz ignoriert die ÖVP drohende Strafzahlungen wegen mehrjähriger Säumigkeit und beruft sich dabei auf in Kürze in Kraft tretende und lang bekannte EU-Vorgaben. Beim Erneuerbare-Gase-Gesetz scheiterte es an den befürchteten Kosten – nicht erklärt wird aber, wie viele Milliarden Nichtstun kostet. Und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren steckt auch fest – die größte Hürde ist der befürchtete Kompetenzverlust der Bundesländer. Fest steht: So kann die Energiewende nicht gelingen! Und wer glaubt, dass es dazu ernsthafte Alternativen gibt, der lebt auf dem Mond.
It takes two to tango – für das Gelingen der Energie- und Klimawende braucht es beide Koalitionspartner. Die vergangenen Monate zeigen, was passiert, wenn der Rhythmus nicht mehr stimmt. Dann wird aus dem eleganten Tanz ein tollpatschiges Torkeln. Wenn ich daran denke, dass nach der Nationalratswahl vielleicht drei versuchen (müssen), den Tango hinzubekommen, schwant mir Übles. Gibt es dann beim Ausbau von Energie aus Wasser, Wind, Sonne, Biomasse und Geothermie nur mehr den kleinsten möglichen Kompromiss? Bringt das dann die große Transformation, die wir für unsere Energiezukunft so dringend brauchen? Müssen zuerst die Interessen wirklich aller Parteigänger befriedigt werden, damit notwendige Gesetze beschlossen werden?
Die Energie- und Klimawende ist (über)lebenswichtig! Das muss außer Streit stehen – und es braucht dafür ein überparteiliches Bündnis. Man sieht deutlich, wohin es führt, wenn die Energiewende ins tägliche parteipolitische Hickhack hineingezogen wird.
Ich fordere alle politischen Parteien auf, alle Bundesländer, die Gemeinden und Sozialpartner: Zieht endlich an einem Strang! Organisiert einen Energiewende-Konvent, einigt euch auf einen Zeit- und Maßnahmenplan und haltet euch dran – über Wahlen und Legislaturperioden hinweg.
Und übrigens: Die Menschen in Österreich sagen noch immer Ja zur Energiewende. Trotz aller Unkenrufe. Vielleicht gibt es nach der nächsten Wahl ja ein böses Erwachen für jene, die meinen, Klientelpolitik ist wichtiger als das Gestalten einer lebenswerten Zukunft.
Martina Prechtl-Grundnig ist Geschäftsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ)
Kurier