Wo das Klima Schutz verlieren könnte

7. August 2024

Klimapolitik. Den größten Erfolg sehen die Grünen in „ihren“ Klimaschutzgesetzen. Diese aber könnten teilweise nicht von Dauer sein, wenn wieder andere miteinander regieren.

Die Ziele sind gesetzt: Die EU will sie bis 2050, die amtierende Bundesregierung schon 2040. Die Rede ist von der Klimaneutralität. Auf EU-Ebene wird die Bekämpfung des Klimawandels u. a. durch die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) verankert, auf nationaler Ebene aber konnte sich die Koalition bis zuletzt auf kein neues Klimaschutzgesetz einigen. Ein Plan, der dennoch zentrale Regeln vorgibt, ist der von der EU geforderte Nationale Klima- und Energieplan, den die Koalition nun in einer neuen Version noch im Sommer an Brüssel übermitteln will.


Beim Ausbau der erneuerbaren Energie hat Österreich in den vergangenen Jahren sichtbare Fortschritte gemacht. Insgesamt sank 2023 zum zweiten Mal in Folge der CO2-Ausstoß, zuletzt um 5,3 Prozent. Seit 2019 erhöht sich zeitgleich der Anteil der Erneuerbaren deutlich. 2022 lag die Leistung von Fotovoltaikanlagen etwa bei 3,5 Gigawattpeak (GWp), das entspricht einer Verdreifachung seit 2020. Bei der Windenergie übertraf der heurige Jänner alle bisherigen Rekorde: Am 7. Jänner wurden 50,4 Prozent des gesamten Energieverbrauchs abgedeckt, am Tag darauf verzeichnete Österreich mit 77 Gigawattstunden europaweit den höchsten Windstromanteil. Generell liegt Österreich beim Anteil von Erneuerbaren über dem EU-Schnitt.

Was umgesetzt wurde
Dahinter steckt ein Mix aus Maßnahmen der jüngeren Vergangenheit, vor allem der Ausbau der erneuerbaren Energieträger (Sonne, Wind und Wasser). Die amtierende Koalition – und in dieser vor allem der Juniorpartner Grüne – hat den Ausbau etwa durch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) vorangetrieben. Ein dafür entscheidender Sektor ist der Wohnbau, der zeitgleich dafür sorgen muss, dass die klimafreundliche Energie effizienter genutzt wird. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) kam in einer abgespeckten Form: Seit Jänner 2024 dürfen in Neubauten keine Heizungen mehr verbaut werden, die fossile Energie nutzen, gleichzeitig gibt es hohe Förderungen für den Tausch. Noch bis Ende der Legislaturperiode soll das Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG) beschlossen werden, um den Ausbau von Biogas zu beschleunigen. Paktiert wurde es bereits, benötigt aber noch die Zustimmung der SPÖ für eine Zweidrittelmehrheit.


Hinzukommen der türkis-grüne Transformationsfonds sowie die ökosoziale Steuerreform mit der Einführung des
CO2-Preises. Mit dem ÖBB-Rahmenplan hat die Regierung ein großes Bahnausbaupaket beschlossen; mit dem Klimaticket den Anreiz, auf diese umzusteigen. Die Leerstandsabgabe soll dem Bodenverbrauch entgegenwirken, für sie gibt es nun bundesweite Regeln.


Was die Parteien wollen
Wie viel bis 2040 noch weitergeht, hängt von der neuen Regierung ab. Die Grünen fürchten schon um „ihre“ Errungenschaften, von denen sie „keinen Millimeter“ abweichen wollen. Sie aber haben nur geringe Chancen, wieder zu regieren. Derweil machten ÖVP und SPÖ bereits klar, dass sie jene Autobahnen bauen wollen, die Leonore Gewessler (Grüne) gestoppt hat. Ebenso wackelt der CO2-Preis. Die ÖVP hat Klimaschutz in ihrem aktuellen „Österreich-Plan“ nicht prioritär verankert, explizit erwähnt wird er als viertletzter Punkt von 27. Die Forderungen (Wasserstoffstrategie, Speicherung von CO2 im Boden, mehr Energiegemeinschaften) unterscheiden sich nicht wesentlich von jenen der Grünen. Der Wunsch von SPÖ-Chef Andreas Babler, einen Transformationsfonds für Unternehmen mit bis zu 20 Mrd. aufzustocken, könnte ÖVP und Grünen ebenso gefallen. Wenig halten die Türkisen von Bablers Idee staatlicher Beteiligungen an Unternehmen. Die Neos setzen bei der Eindämmung des Bodenverbrauchs auf einen bundesweiten Rahmenplan, bei der Energiepolitik auf einen stärkeren Fokus auf Geothermie (Erdwärme).


Die FPÖ wiederum zweifelte in der Vergangenheit den menschengemachten Klimawandel an. Inzwischen finden sich auf der blauen Website zumindest Schlagworte: Man fordert eine „vernünftige Umweltpolitik statt EU-Klimadiktatur“ sowie den Ausbau der Erneuerbaren, dafür aber das Aus der Förderung von Atomkraft als „saubere“ Energie.

von Julia Wenzel

Die Presse

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