Österreich wird das 100-Prozent-Ökostrom-Ziel 2030 erreichen. Regulator hält Förderungen für kleine Solaranlagen für obsolet.
In Österreich wurde im Vorjahr so viel Ökostrom ausgebaut und erzeugt wie nie zuvor. Rund drei Gigawatt Erzeugungsleistung wurden dazugebaut. Allein bei der Photovoltaik (PV) gingen 2023 rund 140.000 Anlagen mit einer installierten Leistung von 2,5 Gigawatt vor allem auf privaten Hausdächern ans Netz. Das entspreche in etwa der Engpassleistung aller Donaukraftwerke, beschreibt Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand der E-Control, den Zuwachs. „Das ist so, als ob wir die gesamte Donau in einem Jahr ausgebaut hätten.“ Allerdings lasse sich mit PV-Anlagen, die nur bei Tag und nur mit Sonne arbeiten, kaum mehr als ein Viertel so viel Strom erzeugen wie mit Wasserkraftwerken, rechnet sein Vorstandskollege, Alfons Haber, vor.
Rein bilanziell konnte Österreich 2023 bereits 92 Prozent des Stromverbrauchs mit Ökostrom decken und rückt damit seinem 100-Prozent-Ökostrom-Ziel für 2030 schon recht nahe. Wobei 2023 ein gutes Wasser-, Wind- und Sonnenjahr war und der Stromverbrauch um 4,5 Prozent gesunken ist. Ab Ostern sei der laufende Bedarf über viele Wochen rein mit Erneuerbaren gedeckt worden, sagt Urbantschitsch. „Im Herbst ändert sich das Bild allerdings.“ Denn auch wenn sich Wind und PV gut ergänzen, komme Österreich nicht ganz ohne Gaskraftwerke aus.
Die Regulierungsbehörde geht davon aus, dass der „nie da gewesene Boom“ beim Erneuerbaren-Ausbau kein Trend ist, sondern eine nachhaltige Entwicklung. In erster Linie wegen der Förderungen, aber auch weil die Menschen einen Beitrag zur Energiewende und zur Abnabelung von russischem Gas leisteten und selbst unabhängig von Strompreisen sein wollten, sagt Urbantschitsch. Das gelte auch für Energiegemeinschaften, deren Zahl sich binnen sechs Monaten bis Jahresmitte 2024 auf 1650 fast verdoppelt habe. Rein rechnerisch wurden 3,2 TWh oder fast fünf Prozent des gesamten österreichischen Stromverbrauchs im Vorjahr von den Haushalten erzeugt und gleich selbst genutzt, ohne ins Netz zu fließen.
Aus Sicht des Energieregulators könnten die Subventionen, insbesondere für PV, zurückgefahren werden. „Die Zahlen legen nahe, dass es für kleine Anlagen keine Förderung mehr braucht“, sagt Urbantschitsch, weil sich diese ohnehin rechneten. Für größere Anlagen sei es weiter denkbar, aber nur unter der Bedingung, dass die Netzbetreiber eingreifen können, wenn Systemüberlastung droht.
Österreich ist erstmals seit 20 Jahren wieder Strom-Nettoexporteur. Die Phasen mit Stromüberschüssen und Stromlücken belasten aber das System. Das werde sich in den nächsten Jahren noch verschärfen, schätzt die E-Control, wenn weitere Sonnenkraftwerke dazukommen. Daher sei der Ausbau der Windkraft, der zuletzt stockte, „wesentlich“, betont Haber. Dazu brauche es ebenfalls die nötigen Netzkapazitäten.
Die Erzeugung erneuerbarer Gase in Österreich hinkt mit 0,1 TWh den Zielen hinterher. Angepeilt sind 5 TWh bis 2030.
Salzburger Nachrichten