Salzburg AG tüftelt an variablen Stromtarifen

18. Oktober 2024, Salzburg

Der Photovoltaik-Boom und der Ausbau erneuerbarer Kraftwerke lassen den Strompreis sinken. Langfristig sollen die Haushalte davon profitieren.

Der heimische Energiemarkt hat sich gedreht und man sieht es auf den Dächern. Aus wenigen Stromproduzenten wurden Tausende. „Wir haben bereits 25.000 Photovoltaikanlagen im Bundesland“, sagt Herwig Struber, Vorstand der Salzburg AG. Dass viele Haushalte und Betriebe Strom nun selbst produzieren, hängt auch mit den gestiegenen und schwankungsanfälligen Strompreisen zusammen. Die dezentralen Erzeuger in Form von Haushalten mit dem Netz in Einklang zu bringen, sei aber eine Herkulesaufgabe. Struber bezieht sich vor allem auf die Netzstabilität und die Notwendigkeit des Ausbaus. Vor allem die Mobilitätswende und die Abkehr von fossilen Heizformen würden dazu führen, dass der Strombedarf noch steigen werde.

Ändern soll sich künftig auch das Preismodell beim Strom. Ab November zahlen Kundinnen und Kunden der Salzburg AG 29,61 Cent brutto pro Kilowattstunde (bisher 33,2 Cent) für den Gesamtpreis. Inkludiert sind der Energiepreis und das Netznutzungs- und Netzverlustentgelt. Der reine Energiepreis liegt künftig bei 20,28 Cent brutto. Im Vergleich dazu: Im Februar 2022 lag dieser noch bei 8,66 Cent brutto.

Langfristig sollen die Preise wieder fallen und auch das hängt mit der geänderten Marktsituation durch PV-Einspeiser und einen höheren Eigenproduktionsanteil – kurz gesagt durch die zunehmende Abkehr von Energieimporten der Energieversorger – zusammen: „Wir testen im Moment ein dynamisches Preismodell“, sagt Struber. Vorstellbar sei künftig ein höheres Grundentgelt. „Damit soll die Infrastruktur ausgebaut werden.“ Deutlich fallen und variabel sein soll aber der reine Arbeitspreis für den Strom – zumindest dann, wenn ausreichend günstiger Strom verfügbar ist. Das kommt einem Float-Tarif ähnlich, wie es ihn auch schon am Markt gibt. Struber bezieht sich auf einen Stromüberschuss, der beispielsweise an sonnigen Tagen um die Mittagszeit gegeben ist, wenn die Photovoltaikanlagen produzieren. Gegeben habe es ein solches Modell schon in Form des Nachtstroms.

„Es gibt Tageszeiten, da kostet der Strom fast nichts beziehungsweise erreicht dieser im Handel sogar negative Werte“, sagt Walter Boltz, früherer E-Control-Vorstand und Energiemarktexperte. Teuer sei im Moment die Investition in die Infrastruktur von Wind-, Wasser- und PV-Anlagen. Sei diese einmal getätigt, koste die Stromproduktion durch Wind-, Wasser- und Sonnenenergie wenig. „Beim Wind sprechen wir von rund 6 Cent, bei der Photovoltaik von 5 Cent“, ergänzt Boltz. Er gastierte am Mittwoch im Rahmen einer Tagung des Österreichischen Verbands für Elektrotechnik in Salzburg. Generell rechnet er mit einer Halbierung des Strompreises durch die Dekarbonisierung. Bei fossilen Kraftwerken (Öl oder Gas) ist das anders: Da ist der Brennstoff der Kostentreiber.

Wer testet das variable Tarifmodell der Salzburg AG? „Im Moment testen es vor allem unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Einfach erklärt soll es wie folgt funktionieren: Ist viel Strom im Netz vorhanden, ist der Arbeitspreis günstig – ist wenig Strom im Netz vorhanden, ist der Arbeitspreis höher. Ziel sei weiterhin, den Strom dort zu erzeugen, wo er auch gebraucht werde. „Wir müssen es aber auch schaffen, dass der Mehrwert der Ersparnis beim Kunden ankommt und vermittelt werden kann, da sehen wir noch die Herausforderungen“, sagt Struber. Es brauche vor allem „Transparenz, Kommunikation und Akzeptanz“, was die Einführung betreffe. Bis der Strommarkt gänzlich auf ein dynamisches Preismodell umgestellt sei, werde es jedoch noch dauern. Das Tarifangebot soll aber schon in den kommenden Jahren eingeführt werden.

Günstigere Strompreise durch mehr Eigenproduktion in den EU-Ländern sollen auch die Industrie wieder antreiben. „In Europa kostet der Strom das Doppelte und Gas das Vierfache“, sagt Boltz und rechnet mit einer Halbierung des Strompreises bei Erreichung der Klimaziele.

Zwischen 30 und 40 Prozent beträgt der Eigenproduktionsanteil der Salzburg AG im Jahresschnitt. 80 Prozent der Eigenproduktion stammen aus erneuerbaren Quellen – in Salzburg primär aus Wasser- und Sonnenenergie bzw. Biomasse. Der Wert soll weiter gesteigert werden: „Mit der Windkraft schaffen wir es, dass bis 2030 der Strom in Salzburg zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen produziert wird“, sagt Energielandesrat Sepp Schwaiger (ÖVP).
Vor allem der PV-Boom im Jahr 2023 habe geholfen, dass man dem Ziel näher gekommen sei. Notwendig sei aber die Errichtung von 25 Windrädern. „Wir können nicht Windkraft gegen PV oder Wasserkraft ersetzen“, betont Schwaiger.

Fünf Terawattstunden müsse man pro Jahr in Salzburg aus erneuerbaren Quellen produzieren. Im Moment liege man bei vier Terawattstunden, betont Schwaiger und nennt noch eine Zahl: „Wenn im Bundesland die Mobilität mit E-Fahrzeugen erfolgt, brauchen wir rund 15 Prozent mehr Strom.“ Auch beim Laden der E-Autos sollen künftig variable Stromtarife gelten oder es soll mit Eigenstrom vom Dach getankt werden.

von Marco RIebler

Salzburger Nachrichten