Die Pläne für den von Umweltschutzorganisationen vielfach kritisierten Ausbau des Kraftwerks im Tiroler Kaunertal sind zwar adaptiert worden, der landeseigene Energieversorger Tiwag hält dabei aber offenbar weiter an der umstrittenen Wasserableitung aus dem Ötztal fest. Ende September wurde das modifizierte Ausbauvorhaben mit Zeitplan der Umweltbehörde übermittelt, im zweiten Projektteil wurde dabei die Wasserableitung angeführt, berichtete die „Tiroler Tageszeitung“.
Es würden jedenfalls die Wasserfassungen im Ötztal, die Überleitungen aus der Gurgler und Venter Ache ins Kaunertal sowie unter anderem das Unterstufenkraftwerk Prutz 2 aufscheinen. Als Einreichtermin sei der 30. September 2027 angegeben worden – also nach der nächsten Landtagswahl.
Anfang Juni hatte die Tiwag mitgeteilt, dass die nunmehrige Aufteilung in zwei Projektteile die geplante Ausleitung von Wasser aus dem Ötztal vorerst nicht nötig machen würde. Allerdings wurde bereits damals klargemacht, dass die Wasserableitung damit nicht vom Tisch sei, komme sie doch in ebenjenem zweiten Projektteil wieder vor. Die Pläne würden Teil der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bleiben. Weitere Planungsschritte für den zweiten Projektteil würde man aber erst dann vornehmen, wenn unter anderem die Überprüfung der Rahmenbedingungen abgeschlossen sei, verlautete der Landesenergieversorger.
Wiederum zuvor hatte sich politischer Druck aufgebaut. Eigentümervertreter und Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) erteilte der Tiwag den Auftrag, Projektstand und Wasserableitungen zu hinterfragen, wie es hieß. Mattle legte die Priorität beim Ausbau vor allem auf das Pumpspeicherkraftwerk Versetz und den neuen Speicher im Platzertal. Keine allzu große Überraschung, denn der Landesregierung war lokaler und regionaler Unmut nicht verborgen geblieben: Der Widerstand im Ötztal war groß, in einer Volksbefragung in Sölden sprachen sich 96,2 Prozent gegen die Überleitungen aus.
Entsprechend not amused soll Mattle laut „TT über den nunmehrigen Tiwag-Schritt sein, hatte er sich doch politisch entsprechend positioniert. Das Blatt prophezeite deshalb eine baldige „Aussprache“ zwischen dem Landeschef und dem Landesenergieversorger.
Die zentrale Bestandteile für die erste Ausbaustufe, die eingereicht wurden, waren indes weiter das Pumpspeicherkraftwerk Versetz und der Platzertal-Speicher. Bis April 2025 sollen die Unterlagen für die UVP vorliegen, mit einem endgültigen Genehmigungsbescheid wurde laut dem Bericht dann im Jahr 2030 gerechnet.
Wenig überraschend Anlass zur Kritik boten die Kaunertal-Neuigkeiten den oppositionellen Grünen. „So kann es nicht weitergehen. ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle darf den Tiwag-Schwanz nicht weiter mit dem Eigentümer-Hund wedeln lassen. Das Land Tirol muss klare energiepolitische Vorgaben machen, anstatt sich vom Landesenergieversorger auf der Nase herumtanzen zu lassen“, mahnte Klubobmann Gebi Mair ein. Die Ableitungen aus dem Ötztal seien ein „No-Go für die Tiroler Umwelt“.
Die Pläne für das Mega-Pumpspeicherkraftwerk waren zum ersten Mal im Jahr 2009 eingereicht worden. Die UVP war erstmals 2012 gestellt worden. Für das Projekt plante der Energieversorger, bis zu 80 Prozent des Wassers aus der Venter und Gurgler Ache im 34 Kilometer entfernten Ötztal – einem der niederschlagsärmsten Täler Tirols – auszuleiten. Die Tiroler Landesregierung aus ÖVP und SPÖ hatte sich indes zum Kraftwerksausbau im Kaunertal bekannt. Die Tiwag betonte stets, am Kraftwerksprojekt Kaunertal führe kein Weg vorbei, um die in Tirol für 2050 anvisierte Energieautonomie zu erreichen.
APA