Ukraine-Krieg. Es soll um die Bombardements auf das Energienetz gehen Russischer Diplomat in der „Financial Times“
Der Kreml in Moskau verweigert jeden Kommentar und auch das sonst gegenüber internationalen Medien so gesprächige Büro des ukrainischen Präsidenten will sich dazu nicht äußern – und doch liefern die übereinstimmenden Recherchen renommierter internationaler Medien wie der Financial Times deutliche Hinweise: Verhandler Russlands und der Ukraine befinden sich derzeit im Emirat Katar auf der arabischen Halbinsel, um eines der wohl dringlichsten Probleme vor allem der Ukraine, aber auch Russlands, zu besprechen.
Es geht den Berichten zufolge um die Energieversorgung, also um Kraftwerke, Umspannwerke, Stromnetze. In den vergangenen Monaten hat Russland seine Luftangriffe in der Ukraine vor allem auf diese Einrichtungen konzentriert. Mit katastrophalen Folgen: Rund 80 Prozent des ukrainischen Stromnetzes sind beschädigt. Sogar notdürftige Reparaturen sind inzwischen wegen fehlender Bauteile nur noch eingeschränkt möglich. Aber auch die russische Energieversorgung hat durch ukrainische Angriffe einiges abbekommen. So wurden Ölanlagen durch ukrainische Drohnen zerstört.
Die Stromproduzenten in mehreren EU-Mitgliedsländern wollen ihre Stromlieferungen in die Ukraine jetzt verstärken. Laut EU-Kommission in Brüssel sind die Strommengen vorhanden und auch die Kapazitäten der grenzüberschreitenden Leitungen in das vom Krieg zerstörte Land ausreichend. Doch das ist natürlich nur eine äußerst geringfügige Hilfe in Anbetracht des Strommangels, der dem Land gerade jetzt im anbrechenden Winter fehlt. Blackouts sind seit Monaten an der Tagesordnung.
Bemerkenswerter Schritt
Dass das Treffen in Katar überhaupt stattfindet, ist ein bemerkenswerter Schritt in Richtung Friedensverhandlungen. Auch wenn es sich, nach Auskunft anonym bleiben wollender Diplomaten, nur um erste Gespräche handelt. Schließlich sind die letzten Friedensinitiativen der Ukraine von Russland demonstrativ boykottiert worden. Präsident Selenskij aber hat kürzlich angedeutet, dass Gespräche über das Ende der Angriffe auf Energieanlagen der Anfang für neue Friedensverhandlungen sein könnten. Schon in den vergangenen Tagen soll die Intensität der russischen Angriffe auf das Stromnetz nachgelassen haben.
Dass sich Russland allerdings unter den momentanen Umständen tatsächlich auf ein Aussetzen seiner Angriffe einlässt, bezweifeln mit der Lage vertraute Diplomaten. Dafür sei ein Rückzug der Ukraine aus dem russischen Grenzgebiet bei Kursk Grundvoraussetzung: „Solange die Ukrainer das Land in Kursk zertrampeln, wird Putin die Energieinfrastruktur von Selenskij angreifen“, zitiert die Financial Times einen russischen Diplomaten.
Die ukrainische Armee hält nach ihrem überraschenden Vorstoß im Sommer dort immer noch Dutzende Dörfer. Erst wenn die Soldaten Russland verlassen haben, wäre eine tatsächliche Einigung möglich.
„Solange die Ukrainer das Land in Kursk zertrampeln, wird Putin die Energieinfrastruktur von Selenskij angreifen“
Russischer Diplomat in der „Financial Times“