Künstliche Intelligenz ist Stromfresser

5. November 2024, Düsseldorf

Der Energieverbrauch von Rechenzentren für KI-Anwendungen und andere Digitalisierungsprojekte wird in Europa bis zum Jahr 2030 stark steigen. Der wachsende Hunger nach Strom könnte den Klimawandel beschleunigen.

Die künstliche Intelligenz (KI) hat einen riesigen Energiehunger. Nach einer aktuellen Studie von McKinsey wird sich in Europa der Strombedarf durch den steigenden Energieverbrauch von Rechenzentren für KI-Anwendungen und andere Digitalisierungsprojekte bis zum Jahr 2030 auf mehr als 150 Terawattstunden fast verdreifachen. Das macht rund fünf Prozent des europäischen Stromverbrauchs aus, bisher sind es nur zwei Prozent.

Der steigende Strombedarf von KI könnte den Klimawandel beschleunigen, wenn er nicht durch erneuerbare Energien gedeckt werde, heißt es in der McKinsey-Studie. Derzeit stamme ein Großteil des Stroms für Rechenzentren noch aus fossilen Brennstoffen, obwohl sich viele große Betreiber – darunter auch Branchenriesen wie Amazon, Microsoft und Google – verpflichtet haben, ihre Anlagen mit erneuerbaren Energien zu betreiben.

Zuletzt mussten die Techriesen einräumen, dass der KI-Boom zu einem deutlichen Anstieg ihrer Treibhausgasemissionen geführt hat. Im jüngsten Google-Umweltbericht hieß es, der Ausstoß sei im vergangenen Jahr um 13 Prozent auf 14,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid gestiegen, „ausgelöst vornehmlich durch den gestiegenen Energieverbrauch von Rechenzentren und Emissionen in der Lieferkette“.

Die Ursachen des großen Stromhungers kann man exemplarisch an der technischen Ausstattung eines neuen KI-Rechenzentrums sehen, das vom Elon-Musk-Unternehmen xAI im Sommer eröffnet wurde. Die Anlage nutzt 100.000 der neuesten Spezialchips (sogenannte H100-GPUs von Nvidia) gleichzeitig, wie Musk auf X stolz verkündete.
„Jeder dieser Nvidia-Prozessoren hat eine Leistung von 700 Watt, was ungefähr der Leistung eines modernen, energieeffizienten Backofens entspricht“, sagt Ralf Herbrich, Leiter des Fachgebiets Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit am Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam. Wenn dieses Rechenzentrum ein Modell trainiere, brauche es 70 Megawatt allein für die Berechnungen. „Rechnet man den Energieverbrauch für die Netzwerkübertragung der Daten hinzu, verdoppelt sich das noch einmal. Das entspricht der Energieleistung von 25 Windkrafträdern.“

Herbrich schätzt, dass global die Rechenzentren vier bis fünf Prozent des Energieverbrauchs ausmachen. „Nimmt man die Nutzung digitaler Technologien wie Laptops und Smartphones dazu, sind acht Prozent des weltweiten Energieverbrauchs erreicht.“

Lässt man sich Texte und Bilder mit modernen KI-Modellen erstellen, wird ähnlich wie beim KI-Training viel Strom verbraucht: Das Generieren eines Bildes basierend auf einer Textanfrage verbraucht nach Berechnungen des Experten so viel Energie wie eine halbe Handyladung. „Selbst wenn KI-Modelle zukünftig weniger trainiert werden, wird die Vorhersage mit diesen Modellen den Energieverbrauch stetig steigen lassen.“ Und jede KI-Nutzung generiere dabei auch CO2-Emissionen. Im Jahr 2023 wurde knapp ein Drittel des Stroms (32,5 Prozent) in der EU mit fossilen Brennstoffen produziert.

Die zunehmende Nachfrage nach sauberem Strom bringe erhebliche Herausforderungen mit sich, sagt McKinsey-Energieexperte Diego Diaz. So seien zuverlässige Stromquellen nur begrenzt verfügbar. Außerdem gebe es Engpässe bei der Verfügbarkeit von Fachkräften. Die zusätzliche Nachfrage nach grünem Strom erfordert der Studie zufolge massive Investitionen in erneuerbare Energiequellen und den Ausbau der Strominfrastruktur.

Auf der anderen Seite trage künstliche Intelligenz auch zum Klimaschutz bei. Ressourcen in der Landwirtschaft und der industriellen Produktion könnten damit effizienter genutzt, die Entwicklung sauberer Technologien beschleunigt werden. KI könne helfen, in Fabriken den Energieverbrauch zu senken und Gebäude auf CO2-Sparkurs zu bringen. , dpa

Salzburger Nachrichten