Gazprom liefert, OMV ist aber auf Lieferstopp vorbereitet

14. November 2024, Wien/Moskau
OMV-Chef Stern will Schadensersatzansprüche gegen Zahlungsverpflichtungen aufrechnen
 - Vienna, APA/AFP

Die OMV erhält derzeit planmäßig Erdgas vom russischen Gasriesen Gazprom, im Falle eines Lieferstopps sieht sich der teilstaatliche Energiekonzern aber gut gerüstet. „Die OMV bereitet sich auf das jetzt seit knapp drei Jahren vor“, sagte OMV-Chef Alfred Stern im APA-Gespräch. Am Mittwoch waren dem Konzern im Streit mit Gazprom mehr als 230 Mio. Euro Schadensersatz zugesprochen worden, die OMV will den Anspruch mit Zahlungsverpflichtungen an den Gaslieferanten aufrechnen.

Die OMV hat mehrere laufende Schiedsverfahren mit Gazprom, in diesem Streit ging es um unregelmäßige Lieferungen von Gazprom Export sowie um die gänzliche Einstellung der Lieferungen im September 2022 in Deutschland. Der daraus entstandene Schaden werde mit den zugesprochenen 230 Mio. Euro plus Zinsen und Kosten zum Großteil abgedeckt.

„Dieser Schadensersatz wurde uns mit einer schuldbefreienden Wirkung zugesprochen, das bedeutet, dass wir das aufrechnen können gegen eine ausstehende Zahlungsverpflichtung an die Gazprom“, erklärte Stern. Das will das Unternehmen auch tun. Stern rechnet dadurch mit einem positiven Einfluss auf den Cashflow und den operativen Gewinn im vierten Quartal 2024.

Ob und wann Gazprom als Reaktion auf die Verrechnung des Schadenersatzes die Lieferungen einstellen wird, lässt sich laut Stern schwer vorhersagen. „Ich kann sagen, dass heute die Gasflüsse aufrecht sind, so wie gestern auch, und es bisher keine Reaktion gegeben hat“. Für den Fall eines Lieferstopps sei der Gaskonzern jedenfalls vorbereitet. „Wir können alle unsere Kunden jederzeit auch mit nicht-russischem Gas beliefern“, betonte der OMV-Chef.

Die OMV bezieht pro Monat etwa 4 bis 5 Terawattstunden (TWh) Gas aus Russland, die nun zugesprochenen 230 Mio. Euro entsprechen in etwa dieser Menge. Zu den Zahlungsformalitäten hielt sich der OMV-Chef bedeckt, Energieexperten der österreichischen Energieagentur und des Datenanalyseunternehmens ICIS sagten, die nächste OMV-Zahlung an Gazprom sei am 20. November fällig.

Das alternative Gas komme etwa aus Norwegen, teilweise aus eigener Produktion oder in Form von LNG. Auch die Pipeline-Kapazitäten seien gesichert und die OMV-Speicher in Österreich seien zu über 90 Prozent gefüllt. Im Fall eines Lieferstopps könne der Energiekonzern sofort darauf zugreifen, „das war Teil unserer Strategie, dass wir diese Mengen ja bereits heute beziehen, aber nicht langfristig Lieferverpflichtungen eingegangen sind, das heißt, wir haben das tageweise verfügbar“, erklärte Stern.

Zur Frage, ob das Gas aus alternativen Quellen teurer ist als jenes aus Russland, sagte der OMV-Chef: „Diese Gaslieferverträge sind immer an die Börsenpreise geknüpft“, der Preis werde durch Angebot und Nachfrage bestimmt. „Wenn die Lieferungen ausfallen, wäre kurzfristig zu erwarten, dass es möglicherweise zu einer Erhöhung der Börsenpreise kommt, weil die Lieferquelle ersetzt werden muss“, sagte Stern, die OMV sei darauf aber mit den Lieferverträgen aus anderen Quellen vorbereitet.

Je nachdem, wie die Gazprom reagiert, könne es zu sogenannten Hedging-Verlusten kommen, die jedoch „klein sein werden, im Vergleich zu diesen 230 Millionen“, so Stern am Donnerstag.

Bei der Bekanntgabe ihres Quartalsergebnisses Ende Oktober hatte die OMV erklärt, dass die finanziellen Auswirkungen im Falle eines Lieferausfalls auf eine einmonatige Forward-Hedge-Position begrenzt wären. Die OMV müsste die monatliche Mengen dann am Spotmarkt kaufen. Bei einer angenommenen Preissteigerung von 5 Euro pro Megawattstunde (MWh) würde sich dies mit 25 Mio. Euro auf das bereinigte CCS-Betriebsergebnis auswirken.

APA