Preisauftrieb bei Gas vorerst gestoppt

14. Feber 2025

Die Aussicht auf Frieden in der Ukraine beruhigt den Markt. Zudem arbeitet die EU an einem Paket an Maßnahmen zur Dämpfung der Energiepreise – und stößt auf Kritik seitens der Energie- und Finanzbranche.

Die Energiemärkte waren immer schon empfänglich für Signale von außen und sind es immer noch. Kurz nach Bekanntwerden von Telefonaten, die US-Präsident Donald Trump mit Russlands Präsident Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj aus der Ukraine mit der Aufforderung geführt hat, unverzüglich Friedensverhandlungen aufzunehmen, ging der Höhenflug der Gaspreise in Europa zu Ende – vorläufig zumindest.


Der TTF-März-Kontrakt, ein Pulsmesser für die Preisentwicklung im europäischen Gasgroßhandel, ging Donnerstagfrüh um 2,85 Euro je Megawattstunde (MWh) auf 53,05 Euro zurück. Das liegt deutlich unter dem Spitzenwert von Dienstag, als für eine MWh Gas bis zu 59,27 Euro bezahlt werden mussten, so viel wie seit gut zwei Jahren nicht. Das wirkt sich auch auf den Strommarkt aus, weil sich der Preis an den Erzeugungskosten für Gaskraftwerke orientiert.


Die von Trump gestartete Initiative, Russland und die Ukraine nach drei Jahren Krieg an den Verhandlungstisch zu bringen, könnte beruhigend bewirken. Laut Experten nimmt dadurch nicht nur die Gefahr möglicher Lieferunterbrechungen wegen Sabotage ab; auch die Wiederaufnahme von Lieferungen russischen Pipelinegases steht im Raum, wenn auch nicht kurzfristig. Allein die Aussicht auf mehr Liquidität am Gasmarkt kann preisdämpfend wirken.


EU-Maßnahmenpaket
Die EU-Kommission will sich nicht darauf verlassen und erwägt neue Befugnisse zur vorübergehenden Begrenzung der Gaspreise. Vor allem vonseiten der Industrie werden die Rufe nach preissenkenden Maßnahmen immer drängender. Die Erdgaspreise waren in Europa zuletzt drei- bis viermal höher als in den USA. Weil sich der Abstand nach dem jüngsten durch tiefe Temperaturen und Windstille, teils auch durch Spekulation angetriebenen Höhenflug der europäischen Gaspreise weiter vergrößert hat, sieht die Industrie ihre Wettbewerbsfähigkeit noch rascher schwinden.
Im Zusammenhang mit Diskussionen über ein Strategiepapier zum „Clean Industrial Act“, das in Bälde vorgelegt werden soll, erwägt Brüssel auch eine Deckelung der Erdgaspreise, berichtet die Financial Times unter Berufung auf drei mit den Gesprächen vertraute Personen.


Das Strategiepapier soll Möglichkeiten zur Stärkung der Schwerindustrie aufzeigen, die sich aktuell mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert sieht, darunter den aggressiven Handelsmaßnahmen von US-Präsident Donald Trump und den strengen Vorgaben im Zusammenhang mit der Energiewende. Obwohl sich die Gespräche über Mechanismen zur Preisobergrenze in einem frühen Stadium befinden, gibt es schon heftige Reaktionen von Industrieverbänden.


Scharfe Reaktion
Elf Gruppen, darunter Europex, der Verband der europäischen Energiebörsen, und AFME, die Lobbygruppe der Finanzmärkte, haben einen Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geschickt. Kernbotschaft: „Wir glauben, dass diese Maßnahme, falls sie angekündigt wird, weitreichende negative Folgen für die Stabilität der europäischen Energiemärkte und die Versorgungssicherheit auf dem gesamten Kontinent haben könnte.“
Eine Obergrenze für den Gaspreis würde „das Vertrauen“ in die Transfer Title Facility (TTF), das wichtigste Zentrum für den Handel und die Abrechnung des Gaspreises in Europa, „schädigen“, heißt es weiter. Sie würde „die globale Gasgemeinschaft dazu veranlassen, sich auf andere, weniger eingeschränkte und damit repräsentativere Referenzpreise zu konzentrieren, die vor allem außerhalb der EU liegen“.


Österreichische Stimme
Auch in Österreich gibt es Stimmen, die zur Vorsicht mahnen. „Direkte Markteingriffe bergen immer ein hohes Risiko unerwünschter Effekte und sollten deshalb nur mit großer Sorgfalt eingesetzt werden. Wenn derartige Maßnahmen gesetzt werden, dann auf europäischer Ebene“, sagt Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Österreichs Energie, zum STANDARD.


Die EU hatte 2022 eine Obergrenze vorgeschlagen. Nach dem Einmarsch von Putins Truppen in der Ukraine sind die Gaspreise zeitweise auf 300 Euro je MWh gesprungen. Die Maßnahme kam nie zur Anwendung, weil die Preise in der Folge immer unter dem Richtwert von 180 Euro je MWh geblieben sind.

Der Standard