
Energie. „Redimensionierung“ notwendig, aber nur mit ganzheitlicher Planung
Erdgaskunden sind in Österreich in einer misslichen Lage. 2025 steigen die Netzentgelte im Schnitt um 16,6 Prozent, für die kommenden Jahre sind ähnliche Steigerungen zu erwarten. Die Verbrauchsmengen im Land gehen zurück, die Netzentgelte für Kunden werden aber absurderweise dennoch immer höher. Im Prinzip gleichbleibende Kosten für die Gasinfrastruktur werden auf weniger Kunden aufgeteilt.
Exponentiell
„Wenn die Gasabgabemengen im derzeitigen Tempo weiter sinken, wird es zu einem exponentiellen Kostenanstieg kommen“, meint Netzgebührenexperte Joel Tölgyes von der Arbeiterkammer bei einer Fachveranstaltung der E-Control am Dienstag. „Gegenüber 2025 könnten die Netzentgelte bis 2039 auf das 13-Fache steigen.“ Das wäre fatal, weshalb eine „Redimensionierung“ des Gasnetzes unvermeidbar erscheint.
Für Unternehmen seien gasförmige Energieträger auch in Zukunft wichtig, sagt Gasexpertin Claudia Hübsch von der Wirtschaftskammer. In der Industrie wird Erdgas heute etwa zur Erzeugung von Hitze oder als Rohstoff für chemische Prozesse benötigt. In Zukunft wird es immer mehr erneuerbare Alternativen geben, aber noch länger nicht in ausreichenden Mengen.
Für Haushalte wird Biogas und Wasserstoff künftig eher keine Rolle spielen, sie werden aus Effizienz- und Kostengründen bei der Wärmeversorgung künftig hauptsächlich auf Wärmepumpen, Fernwärme und Biomasse umsteigen. Dadurch werden künftig wohl viele Gasleitungen nicht mehr genutzt werden. Man könnte sie stilllegen und dadurch Instandhaltungskosten sparen.
Koordinierung
Man müsse dabei aber clever vorgehen, sagt E-Control-Vorstand Alfons Haber. Neben Gas müsse man auch die Entwicklung von Strom- und Wärmenetzen bedenken und eine gemeinsame Strategie entwickeln.
Netzgebühren wurden in der Vergangenheit auch durch den massenhaften Transit russischen Gases durch Österreich nach Europa gesenkt. Die Mauteinnahmen fallen nun weg. Mit strategischer Planung könnte Österreich aber seine Rolle als Drehscheibe beibehalten, meint Hübsch – etwa für Wasserstoff.
Unterdessen sei die wichtigste Aufgabe, die Veränderungen beim Erdgaskonsum aktiv zu gestalten, sagt Tölgyes. Die Transformation, etwa bei der Raumwärme, müsse möglichst koordiniert und effizient ablaufen.
Ganz wichtig sei es auch, vulnerable Gruppen zu schützen, etwa Menschen, die sich ein neues Heizsystem nicht leisten können. Ihnen müsste finanziell unter die Arme gegriffen werden. Wohnungseigentümer in Mehrparteienhäusern und Wohnungsmieter müssten mehr Handhabe bei der Wahl des Heizsystems erhalten, sonst bleiben sie auf den steigenden Gaskosten sitzen.
Kurier