
Weil die Zahl der Gasbezieher abnimmt, verteilen sich die Kosten für Betrieb und Erhalt der Infrastruktur auf weniger Haushalte, die dafür mehr zahlen müssen. Gibt es eine schnelle Lösung?
Die Kosten für Betrieb und Erhalt der Strom- und Gasnetze belasten österreichische Haushaltsbudgets jetzt schon stark und könnten dies in den kommenden Jahren noch weit mehr tun. Mit Jahresbeginn sind die Netztarife bei Strom im Schnitt um 23 Prozent, bei Gas um 16,6 Prozent gestiegen – mit Ausreißern nach oben und unten in einzelnen Netzgebieten.
Während das Stromnetz im Einklang mit der Energiewende teuer ausgebaut werden muss, drängt die Regulierungsbehörde E-Control die Gasbranche zu einer Stilllegung von Leitungen. Das soll helfen, die Kosten im Zaum zu halten. Der Teufel steckt im Detail.
Frage: Was hat die E-Control mit dem Netz am Hut?
Antwort: Strom- und Gasnetze sind natürliche Monopole. Technisch und wirtschaftlich wäre es ineffizient, mehrere konkurrierende Netze parallel zu betreiben. Als Regulierungsbehörde ist E-Control angehalten zu schauen, dass die Netzbetreiber effizient arbeiten, damit Endkunden und -kundinnen keine unnötigen Kosten entstehen.
Frage: Trotzdem sind die Netzkosten jetzt schon hoch und werden wohl weiter steigen. Kann man dem entkommen?
Antwort: Nein. Außer man verzichtet ganz auf Gas, was aber viele – noch – nicht können. Bedingt durch hohe Gaspreise im Gefolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und staatliche Programme zum Heizungstausch hat eine beträchtliche Zahl von Haushalten Gasthermen gegen Pelletskessel oder Wärmepumpen getauscht. Für die Warmwasserbereitung oder zum Kochen nutzen viele nach wie vor Gas.
Frage: Wie groß und wie alt ist das Gasnetz in Österreich?
Antwort: Die Gasleitungen summieren sich auf knapp 50.000 Kilometer. Davon machen Verteilleitungen, an denen Haushalte hängen, mit 39.500 Kilometern den Löwenanteil aus. 3600 Kilometer lang ist das Verteilnetz für Industriebetriebe, rund 3500 Kilometer misst das unter Hochdruck stehende Fernleitungsnetz. Der überwiegende Teil des Netzes wurde in den 1970er-Jahren errichtet.
Frage: Ist das Netz überdimensioniert?
Antwort: Je mehr Haushalte und Unternehmen ohne Gas auskommen, desto drängender stellt sich diese Frage. Nicht von ungefähr ergeht nun seitens der E-Control die Aufforderung an Netzbetreiber, sie mögen an die Stilllegung von Leitungen denken. Weil sich die Kosten für Erhalt und Betrieb auf immer weniger Schultern verteilen, würde die Belastung für Haushalte, aber auch Unternehmen, die aus welchen Gründen immer noch länger auf Gas angewiesen sind, stark steigen.
Frage: Wie stark?
Antwort: Wenn die verbrauchte Gasmenge um zwei Prozent abnehme, bedeute das um ein Viertel höhere Netznutzungsentgelte, sagte Joel Töngyes von der Arbeiterkammer kürzlich auf einer Fachtagung. E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch bleibt weniger konkret und geht von einer Verteuerung „im unteren bis mittleren einstelligen Prozentbereich“ aus.
Frage: Was hält die Branche von Stilllegungen?
Antwort: Wenig, weil es einfacher klinge, als es sei. Wenn am Ende der Straße nur ein einziger Haushalt mit Gas heize oder koche, müsse dieser nach derzeitiger gesetzlicher Lage versorgt und die Infrastruktur vorgehalten werden. Allenfalls langfristig könne man darauf hinarbeiten – mit gezielten Plänen und Bereitstellung von Alternativen.
Frage: Könnten die Erdgasleitungen anderweitig genutzt werden?
Antwort: Für Wasserstoff zum Beispiel, auch mehr Biogas wird oft genannt. Zudem könnten Stromkabel eingezogen und so die vorhandene Infrastruktur besser genutzt werden. Alles in allem geht es um kostendämpfende Maßnahmen. An der Tatsache, dass es teurer werden wird, ändert das freilich nichts.
Der Standard