
Schlagwort. Wasserstoff gilt als Schlüsseltechnologie auf dem Weg zu einer CO₂-neutralen Industrie. Um die gesteckten Klimaschutzziele im Industriesektor zu erreichen, führt an Wasserstoff kein Weg vorbei.
Angesichts der dringenden Notwendigkeit, die globalen Klimaziele zu erreichen und die Emissionen drastisch zu reduzieren, wird Wasserstoff (H2) zunehmend als vielversprechende Lösung für die Dekarbonisierung schwer zu elektrifizierender Sektoren angesehen. Besonders grün produzierter Wasserstoff, der durch erneuerbare Energien erzeugt wird, hat das Potenzial, fossile Brennstoffe zu ersetzen und somit einen entscheidenden Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasemissionen zu leisten.
Und die Möglichkeiten Wasserstoff einzusetzen sind vielfältig, wie Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der IV OÖ, betont: „Wasserstoff bietet vielseitige Einsatzbereiche in der chemischen oder metallurgischen Industrie, als emissionsfreier Brennstoff für die Zement- und Kalkherstellung, als Treibstoff für alternative Antriebe oder zum Betrieb von Gasturbinen in der Stromerzeugung. Wasserstoff wird für bestimmte Anwendungsbereiche in Industrie, Mobilität und Stromversorgung unverzichtbar.“
Hürden meistern
Das Wasserstoffzeitalter steht vor der Tür. Der Transformationsprozess des Energiesystems in Richtung Wasserstoff beinhaltet jedoch enorm komplexe Herausforderungen von der Produktion über die Speicherung und den Transport des Energieträgers bis zu Anwendungsmöglichkeiten in der Industrie, der Mobilität oder der Energieversorgung. Auch Fragen zur Wirtschaftlichkeit und politische Rahmenbedingungen spielen eine große Rolle.
Wasserstoff ist ein wichtiges Element der grünen Transformation, doch die Umstellung wird länger dauern. Investitionen in Milliardenhöhe sind notwendig, um eine tragfähige Infrastruktur aufzubauen. Ohne massive politische Unterstützung und internationale Kooperation wird der Wandel nicht gelingen. Probleme, die schnell gelöst werden müssen, denn die Nachfrage ist groß. „Laut Prognosen wird die Nachfrage von 172 Mio. Tonnen 2030 auf 598 Mio. Tonnen 2050 über alle Anwendungen und alle Weltregionen kontinuierlich zulegen. Infrastruktur und Wirtschaftlichkeit stehen heute jedoch noch vor wesentlichen Hürden“, so Haindl-Grutsch.
Rolle Oberösterreichs
„Wasserstoff hat sich als strategische Säule etabliert, um die Dekarbonisierung der heimischen Industrie und zugleich auch deren Energieversorgungssicherheit zu ermöglichen“, ist Oberösterreichs Wirtschafts- und Energie-Landesrat Markus Achleitner überzeugt. Sowohl in der europäischen als auch in der österreichischen Wasserstoff-Strategie werden die Bereiche „Energieintensive Industrie, Mobilität und Stromerzeugung“ mit den größten Potenzialen in der H2-Anwendung genannt und können langfristig aufgrund der Innovationschancen zur Standortsicherung beitragen. Gerade Oberösterreich weise sehr gute Voraussetzungen auf, um zu einem Vorreiter bei der Anwendung von Wasserstoff zu werden, so Achleitner weiter. Oberösterreich hat sowohl enorm große verfügbare Wasserstoffspeicher als auch große industrielle Abnehmer von Wasserstoff in der Zukunft – insbesondere in den Bereichen Stahl, Chemie und Zement. „Mit dem „H2-Startnetz”, in dem Energie AG, RAG und Linz AG das vorhandene Gasnetz zu einem Wasserstoff-Netz umfunktionieren, nimmt Oberösterreich bereits eine Pionierrolle bei der Wasserstoff-Transportinfrastruktur ein“, so Achleitner. Die Umsetzung der OÖ. Wasserstoff-Offensive 2030, die im Jahr 2023 gestartet wurde, läuft bereits auf Hochtouren: Das OÖ. Wasserstoff-Netzwerk mit Unternehmen und Forschungseinrichtungen umfasst bereits 70 Mitglieder, die sich mit Projekten mit einem Gesamtvolumen von 483 Mio. Euro befassen. Ein eigenes Wasserstoff-Forschungszentrum am FH-Campus in Wels wird im Herbst eröffnet. Mit dem gemeinsamen Wasserstoff-Valley der drei Bundesländer Oberösterreich, Steiermark und Kärnten, das eine Startförderung von 20 Mio. Euro der EU erhalten hat, zeigen die drei Industriebundesländer auch europaweit auf.
Achleitner: „Die Projekte im Rahmen des Valleys sollen die Dekarbonisierung der Industrie vorantreiben. Sie befassen sich mit der gesamten Wertschöpfungskette, von der Erzeugung über den Transport bis zur Speicherung und Anwendung von grünem Wasserstoff. Das Gesamtvolumen umfasst 578 Mio. Euro, wovon der Löwenanteil mit 385 Mio. Euro auf Projekte in Oberösterreich entfällt.“
Zusammenarbeit
Internationale Partnerschaften werden zukünftig eine zentrale Rolle spielen, damit die Transformation gelingt. Daher wird eine europäische Zusammenarbeit auch beim Thema Wasserstoff der entscheidende Punkt sein, viele Länder wie Österreich sind zu klein und haben auch nicht die idealen Voraussetzungen, um Wasserstoff wirtschaftlich zu produzieren. Haindl-Grutsch: „Das energiepolitische Ziel muss sein, dass Europa eng zusammenarbeitet. Wir müssen letztlich zu einer Energieunion werden, in der wir die Stärken der verschiedenen Mitgliedstaaten ausnutzen. Österreichs Stärke ist die Wasserkraft. Da sind wir die Nummer eins in Europa und haben die entsprechenden Voraussetzungen, um sie optimal zu nutzen. In der Zusammenarbeit der Staaten muss es gelingen, dass Europa die Umstellung auf das Wasserstoffzeitalter schafft.“
Die Zusammenarbeit muss noch größer gedacht werden, denn Europa wird langfristig mindestens 60 Prozent seines Wasserstoffbedarfs importieren müssen. Nordafrika und der Nahe Osten gelten als mögliche Lieferanten. Europa kann im Gegenzug jedoch Technologien, Produkte und Dienstleistungen exportieren. „Solange wir stark genug sind, um eigene Technologien zu exportieren stimmt die Richtung. Europa muss seine Chancen nutzen, die aus unseren Kompetenzen im Wasserstoffbereich entstehen – gerade hier in Oberösterreich”, sagt Haindl-Grutsch. „Denken wir nur an das Linz-Donawitz-Verfahren zur Stahlerzeugung, das um die Welt gegangen ist. Warum soll es in Zukunft nicht wieder gelingen, diesen Prozess mit Wasserstoff zu entwickeln und von Österreich aus in die ganze Welt zu exportieren? Wir haben die Betriebe in Oberösterreich, die daran intensiv forschen. Das Forschungsförderungssystem Österreichs ist hervorragend, es braucht die staatliche Unterstützung, um im globalen Wettbewerb neue Technologien zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen.“
„Europa muss zur Energieunion werden, und die Stärken der Mitgliedstaaten ausnutzen“
von Joachim Haindl-Grutsch Geschäftsführer IV OÖ
Kurier