
Das Finanzministerium sieht vom geplanten „Energiewirtschaftstransformationsbeitrag“ ab und will stattdessen die Gewinne der Energiewirtschaft stärker abschöpfen.
Es war ein Vorschlag, der die Energiewirtschaft in helle Aufregung versetzte. Nach massiver Kritik aus der Branche ist er nun vom Tisch. Es geht um eine Sondersteuer mit dem trockenen Namen „Energiewirtschaftstransformationsbeitrag“. Dieser tauchte in einem Gesetzesentwurf des Finanzministeriums auf, über den zuerst die Presse am Mittwochabend berichtet hatte. Für jede produzierte Megawattstunde grünen Stroms hätten Energieunternehmen drei Euro an Steuern abführen sollen, Gaskraftwerke hätten vier Euro zahlen sollen.
„Ersten Branchenschätzungen zufolge könnte diese neue Steuer auf Strom die bereits bestehenden finanziellen Belastungen für die Erzeuger in Österreich verdoppeln“, warnte die Interessenvertretung Österreichs Energie. Schon gestern ruderte der neue Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) zurück.
200 Millionen Euro
Nun ist es fix: Der Energiewirtschaftstransformationsbeitrag findet sich nicht mehr im ersten Maßnahmenpaket zur Budgetsanierung, das ÖVP, SPÖ und Neos am Freitag im Nationalrat zur Abstimmung bringen werden. Aus dem Finanzministerium heißt es gegenüber dem STANDARD, der Energiewirtschaftstransformationsbeitrag werde nicht mehr kommen. Diese Idee aus dem Gesetzesentwurf müsse man vor dem Hintergrund des klaffenden Budgetlochs verstehen. 6,4 Milliarden Euro braucht die Republik, um es zu stopfen. Mindestens.
Um das Budget zu sanieren, sollen 200 Millionen Euro aus der Energiewirtschaft in den Staatshaushalt fließen. Das ist fix. Aber es habe seitens des Finanzministeriums die Befürchtung gegeben, dass diese Summe mit den bisher geplanten Maßnahmen nicht hereinkommt. „Man musste sich deshalb Alternativen überlegen, und es sind dabei verschiedene Dinge von unseren Experten geprüft worden“, heißt es aus dem Finanzministerium. Aber wenn der Beitrag nun nicht kommt, wie will das Ministerium künftig sicherstellen, dass die 200 Millionen Euro tatsächlich fließen werden? „Es wird jetzt an der Gewinnabschöpfung gedreht.“ Gemeint damit sind die Energiekrisenbeiträge, die bereits die türkis-grüne Regierung eingeführt hat und die nun verschärft werden sollen.
Mit dem Energiekrisenbeitrag schöpft die Republik „Übergewinne“ der Energieunternehmen ab. Wenn die Megawattstunde mehr als 120 Euro kostete, nahm der Staat bislang 90 Prozent von jenem Betrag, der über dieser Schwelle lag. Die schwarz-rot-pinke Koalition senkt die Schwelle nun auf 90 Euro ab und erhöht zugleich die Steuer auf 95 Prozent. Ab 1. April werden Energieunternehmen also früher und mehr zahlen. Im Vorjahr spülte der Energiekrisenbeitrag 272 Millionen Euro in die Staatskassa.
Die SPÖ versteht die Verschärfung auch als politisches Signal. „Einige wenige haben viel Geld verdient und zu wenig fürs Gemeinwohl beigetragen. Wir ändern das jetzt“, sagte SPÖ-Chef Andreas Babler in seiner ersten Rede als Vizekanzler vor dem Parlament und nannte neben Banken, Stiftungen und Immo-Firmen explizit „Energieriesen“, die es sich „locker leisten können, Österreich wirtschaftlich mit aus dem Graben zu schieben“.
Auf heftige Kritik stößt die Verschärfung des Energiekrisenbeitrags bei Florian Maringer. Der Geschäftsführer der IG Windkraft vertritt auch kleinere Energieunternehmen. „Das wird die hohen Strompreise einzementieren“, sagt Maringer und warnt zugleich davor, dass die Windkraftbetreiber künftig weniger Geld zur Verfügung hätten, um Projekte umzusetzen und die Energiewende voranzutreiben. Die Auswirkung würde die Branche bereits spüren. „Erst heute wurde ein Projekt auf Eis gelegt, das 17.000 Haushalte mit Strom versorgt hätte“, sagt Maringer. „Die Verunsicherung führt dazu, dass sich Projekte möglicherweise nicht mehr rechnen und jetzt auf dem Prüfstand stehen.“
Strompreise stiegen stark
Wenige Stunden bevor der Nationalrat am Freitag die Energiepreispolitik verhandelte, lieferte die Österreichische Energieagentur neue Zahlen, wie sich die Energiekosten in jüngster Vergangenheit entwickelt haben. Im Jänner schnellten sie für Haushalte um rund 13 Prozent in die Höhe und trieben damit auch die Inflation weiter an. Laut der Energieagentur lässt sich dieser Preissprung vor allem mit den steigenden Stromkosten erklären. Diese schossen mit Jahreswechsel schlagartig um 45,4 Prozent nach oben.
Verantwortlich dafür ist mitunter, dass die Stromkostenbremse heuer wie geplant ausgelaufen ist. Die türkis-grüne Regierung hatte diese infolge der explodierenden Kosten eingesetzt. „Gleichzeitig steigen die Netzkosten, und die Ökostromförderkosten werden nicht länger aus dem Staatsbudget gedeckt“, heißt es von der Österreichischen Energieagentur. Im Jahresvergleich zahlte ein durchschnittlicher Haushalt in Österreich rund ein Drittel mehr für Strom als noch im Jänner 2024.
Der Standard